Der Lehrer



"Wahrscheinlich gibt es nicht viele Berufe, an die die Gesellschaft so widersprüchliche Anforderungen stellt:

Gerecht soll er sein, doch taktvoll auf jedes Kind eingehen, Begabungen wecken, pädagogische Erziehungsdefizite der Elternhäuser ausgleichen, Sucht-Prophylaxe und Aids-Aufklärung betreiben, auf jeden Fall den Lehrplan einhalten, wobei hochbegabte Schüler und Schülerinnen gleichermaßen zu berücksichtigen sind wie begriffsstutzige. Mit einem Wort:

Der Lehrer hat die Aufgabe, eine Wandergruppe mit Spitzensportlern und Behinderten bei Nebel durch unwegsames Gelände in nord-südlicher Richtung zu führen, und zwar so, dass alle bei bester Laune und möglichst gleichzeitig an drei verschiedenen Orten ankommen."


(Prof. Müller-Limmroht, "Züricher Weltwoche", 02.06.1988)




Montag, 5. September 2011

Bye Bye

Oh oh oh Frau Schmidt - sträflichst habe ich den Blog vernachlässigt. Das liegt einfach daran, dass ich nun nicht mehr aus der Schule komme und voll bin von verrückten Geschichten, die ich unbedingt ganz schnell loswerden muss. Nein, jetzt arbeite ich ja am Gymnasium, wo die Schüler einfach klasse sind. Vor allem meine 7., mit der kann man echt so richtig Unterricht machen. Also so, wie man sich das in der Theorie vorstellt: Es klingelt, und 32 Augenpaare richten sich auf mich, 32 Münder schließen und 64 Ohren öffnen sich. Mh, das ist wirklich super-duper, und das Unterrichten ist einfach klasse. Aber verrückt/lustig/interessant/total-crazy oder so...nein.

Deswegen ist es wohl das beste, wenn ich diesen Blog ruhen lasse. Solange, bis wieder etwas geschieht, über das sich zu schreiben lohnt. Das kann in zwei Monaten passieren oder in zwei Jahren. Ich habe keine Ahnung. Sollte es wieder etwas geben, werde ich die werte Leserschaft natürlich informieren. Bis dahin: Tschüß ihr Lieben. Wir lesen uns!

Dienstag, 16. August 2011

Aboooo, was das?

Der erste Schülerkontakt heute bei der Hofaufsicht. Zwei kleine, sehr sehr niedliche Fünftklässler kommen schüchtern auf mich zu und einer spricht mich mutig mit seiner piepsigen Kinderstimme an: "Ist das hier die Essenspause?" - "Ähm, ja, also wenn du Essen mithast, kannst du es jetzt essen." - "Also gibt es keine Frühstückspause im Klassenraum?" - "Äh, nein. (Gibts die? Ich weiß nicht, aber ich kanns mir nicht vorstellen.)" Die beiden Jungen sehen sich an: "Komm, wir gehen dahinten hin, da können wir sitzen und essen." Süß!!

Kurz darauf Getuschel in meinem Rücken. Drei oder vier große Schüler - ungefähr 9. Klasse sehen mich an. Einer traut sich: "Sind Sie Frau Jung?" - "Nein." - "Oh, 'tschuldigung."


Und dann der Sportunterricht. Ich war begeistert von den Schülern! Alle waren da, alle hatten ihr Sportsachen dabei, alle haben erst zugehört und dann mitgemacht. Alle!! Okay, die Lehrer und alle anderen Referendare haben mir schon von den Schülern vorgeschwärmt, aber ich kann nun alles bestätigen. Und dann, als sich nach dem Unterricht alle umgezogen hatten und nach Hause gingen, verabschiedete sich jeder Schüler einzeln und wünschte mir - jetzt kommts - einen "schönen Tag noch".

Auch die Mädels vom Gymnastik/Tanz Zwölfer Kurs sind wirklich lieb. Mir wurde nur etwas anders, als ich gefragt habe, wer denn welche Tanzerfahrung hat: "Ich tanze seit 15 Jahren Ballett." - "Ich bin jetzt seit 9 Jahren im Ensemble im Friedrichsstadtpalast. Nebenbei gebe ich HipHop Stunden." - "Ich mache Latein-Amerikanischen Tanz. Also Turniere und so." - "Ich mach Jazz, Ballett und ein bißchen HipHop." Okay, also ich persönlích habe ja gar keine Tanzerfahrung, bis auf das bißchen Kurs an der Uni. Also werden wir viiiieeeel Freiarbeit und Kreativität fördern, dann können mir die Mädels zeigen, was sie drauf haben.




Fazit des ersten Schultages nach den Sommerferien: Der erste Eindruck ist super, ich hoffe, dass die Schüler weiterhin so lieb bleiben und dass sich auch das Kollegium als nett herausstellt (bis jetzt kenne ich noch lange nicht alle Lehrer). Leider darf ich erst Freitag wieder hin, morgen und übermorgen habe ich Seminare.

Sonntag, 14. August 2011

Neues Schuljahr, neues Glück

Vorbei vorbei. Dass 6 Wochen Sommerferien so kurz sein können, hätte ich nicht gedacht. Kann aber auch daran liegen, dass ich nur 5 hatte - denn als fleißige Referendarin (laut Frau Freitag "Opferlehrerin") habe ich schon seit einer Woche Seminare. 1000 neue Informationen, und am Freitag war ich dann auch noch in meiner neuen Schule, wo ich noch eine Million Infos mehr bekommen habe. Und ein MacBook Pro. Zum arbeiten. Für umsonst. Das Gymnasium, in dem ich die nächsten 2 Jahre unterrichten werde, arbeitet nämlich nicht mehr mit Kreide (viel zu staubig) oder Whiteboard (zu altmodisch), sondern mit hypermodernen SmartBoards. Und die sind alle auf Apple ausgerichtet. Werden die neuen Schüler in die 5. (Schnellläufer) oder 7. Klasse eingeschult, bekommen sie alle ebenfalls ein MacBook Pro (nicht von der Schule, von den Eltern). Und weil wir Lehrer ja damit auch nicht umgehen können, bekommen wir extra eine Stunde in der Woche eine Fortbildung. Suuuper - dadurch muss ich am Dienstag zur ersten Stunde hin, habe dann ab der 2. gaaaanz viel frei und dann in der 7., 8., 9. und 10. Stunde Unterricht.


Aber in die Schule habe ich mich schon verliebt. Die Schüler, die ich auf dem Gang getroffen habe, waren total freundlich - ich wurde sogar gegrüßt. Von Schülern, nicht von Lehrern! Lauter neue Erfahrungen...


Da kann ich auch verkraften, dass ich einen Gymnastik/Tanz Kurs erwischt habe, in dem die Mädels wahrscheinlich alle viiiieeeel besser sind als ich. Augen zu und durch - da wird dann eben viel kreativ gearbeitet. Steht ja auch im Rahmenlehrplan. Ham wa dann schonma abgehakt


Tja, jetzt beginnt also das Leben als Referendar. Mit wenig Unterricht, viel Seminaren und noch mehr Prüfungen. Schade, ich hätte eigentlich lieber ganz viel Unterricht, ein paar Seminare und null Prüfungen. Morgen also der erste Unterricht, Vorbereitungen sind abgeschlossen. Mal schauen, was kommt...

Freitag, 8. Juli 2011

Sommerferien

Was mache ich nun also in meinen Sommerferien? Es sind jetzt zweieinhalb Wochen um, und ich muss sagen: nichts. Oder: so gut wie nichts. Schlafen. Atmen. Rumliegen. Lesen. Fernsehen. Und mich erholen.

Langsam, ganz langsam beschleicht mich das Gefühl, dass ich mich etwas erhole. Dass ich aus diesem Schulstrudel wieder aufsteige. Ja, ich denke, in vier Wochen, wenn alles wieder von vorne losgeht, könnte ich fit genug sein, um wieder mich wieder mit voller Kraft in den Schulalltag zu stürzen. Aber bis dahin ruhe ich mich vor allem aus.

Mittwoch, 29. Juni 2011

Bye bye!

So, der letzte Tag vor den Sommerferien ist geschafft! Die beiden Stunden Sport am Dienstag verliefen mehr oder weniger reibungslos (abgesehen von der Tatsache, dass die allermeisten Schüler gar kein Sportzeug dabei hatten - "Häääää, Sport? Was Sport! Ich dachte, wir ham Zeugnisausgabe!" - aber dass hatte ich eingeplant und die Schluderer mit Müllsäcken losgeschickt, um den Sportplatz zu aufzuräumen).
In der dritten Stunde sollten die Klassenlehrer die Zeugnisse ausgeben, also hatte ich nach den ersten beiden Schluss und frei. Schlüsselabgabe, Hand schütteln, Verabschiedung, und weg. In dieser Schule werde ich nicht mehr unterrichten, und ich bin erst einmal froh darüber. Denn die Schüler waren wirklich sehr anstrengend. Das Schlimmste war das Diskutieren über jede noch so kleine Kleinigkeit. Und die Respektlosigkeit, die die Schüler teilweise an den Tag legen - ich habe Hoffnungen, dass zumindest dieses Auftreten im Gymnasium nicht mehr so verbreitet vorkommt.
Dennoch möchte ich die Erfahrungen, die ich an dieser Schule gesammelt habe, nicht missen. Mit meiner vollen Stelle konnte ich von jetzt auf gleich voll in den Schulalltag eintauchen und jeden Tag dazu lernen. Ich habe das Gefühl, im Januar in einen Tornado eingetaucht zu sein und erst jetzt, nach 5 Tagen Sommerferien und viel Abstand zur Schule so ganz langsam daraus wieder aufzutauchen. Die Zeit an der Schule war unglaublich intensiv und anstrengend, aber ich habe wertvolle Dinge gelernt, die mir bei meinem Referendariat sicher helfen werden. Denn das geht jetzt bald los. Im Gymnasium. Hoffentlich sind die Kids dort ein WENIG netter.

Jetzt erstmal: F E R I E N ! ! !

Montag, 27. Juni 2011

Klassenfrühstück

Weil wir vorgestern die letzten beiden Englischstunden hatten, habe ich beschlossen, mit meiner 7. gemeinsam zu frühstücken. Die meisten hatten sich auf die Liste eingetragen und wollten alle Zutaten für ein Frühstück mitbringen. Nach längeren Diskussionen konnte ich sie sogar dazu bewegen, einen großen statt fünf kleine Gruppentische zu bauen, und das Frühstück begann ganz gemütlich. Es gab zwar einige Beschwerden, weil das versprochene Nutelle nicht da war, aber insgesamt ging es - abgesehen von dem üblichen Rumgebrülle der Jungs - ganz entspannt zu. Bis ca. 10 Minuten vor Ende der ersten Stunde, als die Schüler satt waren und die Jungen begannen, sich eine Weintraubenschlacht zu liefern, mit Plastikflaschen Fußball zu spielen und sich zu verprügeln. Die meisten Aktionen konnte ich ziemlich schnell unterbinden, aber der Klassenzimmerfußboden war hinterher trotzdem voller zertretener Weintrauben. Und das T-Shirt von Charly (weiß!) hatte einen schönen großen Weintraubenfleck. Sie beschwerte sich natürlich lauthals und verlangte sofort die 12 Euro zurück, die das T-Shirt gekostet hatte. Gilian weigerte sich, das Geld rauszurücken, Charly ging drohend auf ihn zu, Gilian machte sich kampfbereit....und ich ging im letzten Moment dazwischen. Und dann das Theater, dass es gab, als alle Tische wieder ordentlich zurück gestellt werden sollten. Gilian fand, dass man durchaus einen ganzen Kuchen wegschmeißen konnte, was den sofortigen Protest einiger Mädels nach sich zog ("Ey Frau Schmidt, der Spast hat einen ganzen Kuchen weggeschmissen. Die armen Kinder in Afrika!"). Never again! (zumindest nicht mit dieser 7....).

Sonntag, 26. Juni 2011

Filmauswertung

Am Mittwoch habe ich mit meiner Achten den englischen Film "Bend it like Beckham" vorbereitet. Darin geht es u.a. um Themen des Erwachsenwerdens. Die Schüler sollen diskutieren, was sie machen würden, wenn sie und ihr bester Freund in dassselbe Mädchen verliebt sind. Phillip meldet sich: "Ich würde meinen Freund auslachen.". "Ich würde ihn töten!", ruft Marvin dazwischen.

Am Freitag hatte ich die letzte Stunde mit den Schülern, der Film ist beendet, die letzten fünf Minuten besprechen wir noch schnell, was ihnen beim Film gefallen hat und was nicht. Fast alle mochten den Film, aber Sören "didn't like it". "Warum nicht?" - "Ich mochte nicht, dass das Mädchen [die Hauptdarstellerin] indisch war." - "Aha. Was hätte dir denn besser gefallen?" - "A German girl. With big tits."

Donnerstag, 23. Juni 2011

Elternnachricht

Heute morgen stehe ich im Sekretariat vor dem Direktorzimmer, als Sevastina mit ihrer Freundin im Schlepptau herein kommt. Ich begrüße die Mädchen mit einem "Guten Morgen!" und schaue sie auffordernd an. "Guten Morgen", murmelt Sevastinas Freundin. Sie dagegen wedelt mit einem Blatt Papier herum: "Wegen mein Handy doch." Aha, das ist also der Brief ihrer Eltern, der bestätigt, dass sie das Handy vom Direktor abholen kann. Die Mama hat sich gestern übrigens nicht bei mir gemeldet. Dafür habe ich aber heute einen schriftliche Nachricht von Antons Mutter bekommen: Er hatte letzte Woche seinen Kaugummi auch nach zweimaliger Aufforderung noch nicht entfernt und mich auf die Nachfrage "Hast du den Kaugummi immer noch im Mund?" angelogen. Daraufhin erteilte ich ihm einen Tadel, den ich heute unterschrieben zurück bekam, mit dem Zusatz der Mutter: "PS: Einen Tadel finde ich etwas übertrieben, ein Klassenbucheintrag hätte wohl gereicht." Aha. Nächstes Mal dann....

Heute war die letzte Stunde mit einer 9. - Sport. Die Schüler durften sich deswegen aussuchen, was sie machen wollten, und wie immer entschieden sich die meisten Jungs für Fußball. Dabei scheint es immer dabei zu gehen, sich gegenseitig abzuschießen, und zwar so scharf, wie es irgendwie geht. Naja, solange dabei keiner heult...Ein paar der Jungen haben allerdings auch Basketball gespielt und sich etwas wirklich Cooles einfallen lassen: Sie haben ein Minitrampolin und eine große weiche Matte so unter einen Basketballkorb gebaut, dass sie springen und einen Dunking (Korbwurf von oben) machen konnten. Schön, wieviel Spaß sie dabei hatten. Und nach der Stunde fanden dann auch einige, dass der Unterricht bei mir immer "ziemlich cool und chillig" gewesen ist. Chillig?? Da hab ich sie wohl nicht genug laufen lassen?!

Mit meiner 7. hatte ich heute Englisch - diese Stunde sollte wirklich chillig werden. Denn ich wollte mit den Kindern nur schnell besprechen, dass wir am Montag, wenn wir die ersten beiden Stunden zum allerletzten Mal zusammen Unterricht haben, gemeinsam frühstücken wollen. Als ich im Mai schon einmal versuchte, ein gemeinsames Picknick zu organisieren, seh keiner der Schüler ein, warum er für die anderen etwas zu essen mitbringen sollte (sie wollten sich jeder mit ihrer eigenen Brotdose in den Park setzen). Als ich damals eine Liste rumgab, in der jeder eintragen sollte, was er mitbringen wollte, stand dann da drauf: "ein pickup, ein durstlöscher, ein muffin, fünf chips...". Das Picknick habe ich dann ausfallen lassen, aber diesmal hatte ich ja die ultimative Erpressung parrat: Entweder frühstücken oder Unterricht! Hat dann auch ganz gut geklappt, das Listenausfüllen, aber die Schüler waren dermaßen außer Rand und Band, dass ich alles Weitere überhaupt nicht besprechen konnte. Deswegen habe ich irgendwann an die Tafel geschrieben: "Ich bin im Medienraum, wenn ihr euch beruhigt habt, kommt bitte LEISE hinterher!" und bin los gegangen. Hat funktioniert. Sie sind hinterhergekommen. Nicht ganz leise, aber immerhin auch nicht so chaotisch und wild wie sonst.
In der Pause haben insgesamt fünf Lehrer, darunter auch ich, unseren Abschied von der Schule gefeiert. Wir alle werden im nächsten Jahr woanders unterrichten, ich gehe sehr wahrscheinlich an ein Gymnasium in Berlin Wedding. Es gab Kuchen, Saft und Sekt, Blumensträuße und eine ganz kleine Ansprache von unserem sehr gestressten Direktor (Nachbereitungen des Schuljahres, Vorbereitungen für das nächste). Ich werde aber bis Dienstag natürlich trotzdem unterrichten. Morgen zum Beispiel: Sport mit meiner anderen Neunten in den ersten beiden Stunden. Ich werde mit ihnen einen schönen kleinen Waldlauf machen (Oaaaaa, Frau Schmidt, über die Quälerei. So früh am morgen lauf ich noch nich! Ey ganz ehrlich: das ist ohne Sinn!). Na gut, danach dürfen die armen Schüler dann Fußball spielen. Oder Basketball.

Mittwoch, 22. Juni 2011

Handy Faxen

Sport in der Siebten. Gestern haben wir in der ersten Stunde einen Waldlauf gemacht (diese 7. hatte auch die Strafe bekommen, in der Schule Unterricht zu erhalten am Wandertag - und in der Klasse wurde das glücklicherweise auch durchgezogen), und heute hatten die Schüler tierische Angst, dass ich das nochmal wiederholen könnte (das hatte ich gestern nämlich angedroht). Aber ich bin ja ne Nette und habe deswegen erlaubt, in den letzten beiden Sportstunden, die wir gemeinsam haben, zu spielen. Nicht irgendwas, sondern Brennball und 2-Felder-Ball, die absolut beliebten Classics.

Vor dem Unterricht stand Sevastina vor dem Lehrerzimmer. Sie sei ja krank, also sportbefreit, also sie kann nich mitmachen, und da wollt sie fragen, also......ob sie während der beiden Sportstunden, die wir haben, in einer Paralellklasse am Unterricht teilnehmen könnte. "Natürlich nicht." - "Hää, was? Warum nich? Is doch viel besser! Was soll ich sonst machn?" - "Auf der Bank sitzen und zusehen." - "Oh neee, Frau Schmidt, das ist doch unnötig. Macht doch viel mehr Sinn, wenn ich Unterricht mach." (Soweit kommt es noch, dass ich meine Schüler an andere Lehrer abschiebe, so etwas sollte man den Kollegen wirklich nur im absoluten Notfall antun. Und Sevastina war kein Notfall, der war bloß überlangweilig.). Also schlurfte sie zu Stundenbeginn in die Halle und fletzte sich auf die Bank - mit Ohrstöpseln im Ohr. "Handy weg oder es ist meins!", versprach ich ihr. "Ohhhh, Frau Schmidt, was soll ich denn hier machen, mir ist überlangweilig. Ganz ehrlich? Unnötig!" Nachdem die Mannschaften eingeteilt waren, begann das Spiel, und die Schüler hatten tatsächlich ein ganz kleines bißchen Spaß dabei (natürlich nicht offensichtlich, wie überstrebermäßig wäre das denn, sondern eher so heimlich). In der zweiten Stunde erwischte ich dann Sevastina mit dem Handy - sie gab es unter Protest ("Ich krieg das aber nach der Stunde wieder. Sonst ruft meine Mutter Sie an!" - "Kann sie gerne machen, dann kann ich ihr auch gleich mal erzählen, wie du dich hier im Unterricht benimmst!") ab. Kurze Zeit später zog ich noch zwei anderen Damen die Handys ab. Die beiden standen dann, kaum das der Unterricht beendet war, vor meiner Lehrerumkleide: Und starrten mich wortlos an. "Na, was möchtet ihr denn, ihr Zwei?" - "Unsere Handys." - "Wie bitte?" - "Kriegn wir unsere Handys wieda?" - "Nein, die bringe ich zum Direktor, dort könnt ihr sie abholen" (allerdings nur, wenn sie einen Brief der Eltern mitbringen, so lautet die Schulregel). "Ey Frau Schmidt, echt jetzt? Ganz ehrlich? Unnötig.", "Ja, Frau Schmidt, das ist übertrieben gemein. Ich erwarte einen wichtigen Anruf.", "Wir machens auch nie wieder!" ....blablabla....was Schüler immer so versprechen, wenn sie in der Klemme sitzen! Im Sekretariat merkte ich dann, dass aus Sevastinas iPhone noch Musik kam, und nach kurzer Beratung mit der Sekretärin, die genau so wenig Ahnung von den Dingern hat wie ich, habe ich es tatsächlich geschafft, es auszuschalten. Die drei Handys liegen jetzt trocken und sicher im Direktorzimmer und warten, dass ihre Besitzer mit Elternbrief angeschlichen kommen, um sie sich abzuholen - übergemein!

Kurz vor der Englischstunde mit der 8. bin ich nochmal meinen Verlaufsplan durchgegangen (das sind diese Dinger, auf denen sich der Lehrer manchmal Notizen macht, wie er so in etwa die Schüler im Unterricht beschäftigen will). Und habe gemerkt, dass ich vergessen habe, die Inhaltsangabe eines Films, den ich mit der Klasse übersetzen wollte, zu schreiben. Ups! Vor zwei Monaten wäre ich ob dieser Erkenntnis wohl in eine Art Schockstarre gefallen, schließlich war dieser Unterrichtsteil für 20 Minuten geplant...und jetzt??? Zum Glück habe ich schnell reagiert und einfach das DVD Cover kopiert und zum sinngemäßen Übersetzen (nicht Wort für Wort - der Text war wirklich kompliziert und viel zu schwer für eine 8.) genutzt. Hat auch ganz gut geklappt. Und das Highlight des heutigen Mittwochs bescherte mir Jason, als er fragte: "Frau Schmidt, darf ich Ihnen mal ein Kompliment machen?" - "Klar, immer her damit." - "Sie ham über die schönen Beine." Übergut!!!

Dienstag, 21. Juni 2011

"Und dann hab ich rischtsch geheult."

Heute Wandertag. WANDERtag. Mit richtigem Wandern. Aboooo, voll unnötig, ich schwör, ich hab kein' Bock auf son......Immerhin waren nur 14 Schüler da, weniger als die Hälfte, UND Tim war auch mit dabei, sodass der Betreuungsschlüssel bei 1:7 lag, was richtig gut war. Zusammen mit der motzenden Meute und innerlich auch nicht total erbaut von so einem Wandertag gings ab Richtung Wald, der zum Glück direkt hinter unserer Schule anfängt. In der Zivilisation brauchten wir uns mit den Schülern wenigstens nicht blicken lassen. Während die Jungen sofort mit ihrer üblichen Kienäppelschlacht begannen, schlurfte ich lustlos mit den vier Mädels, die anwesend waren, ganz hinten. Zum Glück hatten Isa und Mellie Musik auf ihren Handys, die machte wenigstens ein bißchen wach. Und es wurde dann doch ganz gemütlich, als die zwei nämlich begannen, mich über sämtliche Einzelheiten ihres Lebens zuzutexten. Und ihre Süßigkeiten großzügig an mich verteilten. "Denn...isch mach Kuchen, und denn....isch mach auch Kerze an. Denn....isch mach noch Bild. Voll süüüüüß, wa Frau Schmidt? Ich bin nämlich voll gut. Isch schwör!" Aber Mellie ist nicht nur voll gut, sondern auch ne ziemlich Heulsuse. "Denn hat der Fahrstuhl angehalten. Also stecken geblieben. Ich setz mich hin und hab erstmal rischtsch geheult. Denn...mein Vater...fragt 'Was heulst du?'" Mellie hat nicht nur Platzangst, sondern auch Angst vor Flugzeugen, Wasser, Spinnen, Dunkelheit und schlechten Träumen. Wie man bei so vielen Ängsten ein so normales Leben führen kann! Mellies Freundin Isa hat auch einiges von ihrem Leben berichtet, endlich mal, da weiß ich wieder bescheid und bin up-to-Date. Beide Mädels sind übereifersüchtig auf die Zehntklässlerinnen, weil die gerade Ausflug machen mit ihren Freunden. Über die Zicken sind das! (Also die Zehntklässlerinnen jetzt).

Die Jungs fanden die Wanderung insgesamt wahrscheinlich ziemlich öde, aber als wir einen Trimm-Dich-Pfad gefunden haben, hatten sie doch Spaß an den Ringen und Kletterstangen und haben mir Ethiklehrer Tim um Eis gewettet, wer wieviele Klimmzüge schafft. Zweimal haben wir Schüler im Wald verloren, aber zum Glück haben die Kids kräftige Lungen und konnten sich mit Schreien ganz gut mit uns verständigen. Die Idee, ein Taxi zu rufen wurde von den Schülern verworfen, als ihnen klar wurde, dass sie gar nicht sooooo genau wissen, wo sie eigentlich sind (im Wald, also, in Reinickendorf, also....aboooo, voll dumm, ich schwör, Frau Schmihidt, sagn Sie doch ma, wo wir sind...). Halb zwölf sollte der Wandertag vorbei sein, genau eine Minute später mussten wir noch 500 Meter zur Schule gehen und der Schülerprotest brach erneut über uns herein ("Ich verklag die Schule, jetzt isses schon 11:31 Uhr, und ich hab nen Mückenstich, das is voll unnötig!"). Aber fünf Minuten später hatten wir es alle geschafft. Morgen gehts dann weiter mit ganz normalen, entspannten Unterricht.

Montag, 20. Juni 2011

Endspurt

Die letzten Tage ziehen sich wie Kaugummi. Die Schüler haben jetzt, nachdem auch die allerletzten Konferenzen durch sind, aber wirklich gar keine Lust mehr, die Lehrer sind eh schwer zu motivieren und irgendwie sind alle schon auf Ferienmodus.

Meine 7., die ich heute morgen in den ersten beiden Stunden hatte, war lautstark und überlange darüber empört, dass wir morgen am Wandertag eine richtige...nun ja...Wanderung machen werden. Eigentlich wurde ihnen wegen ihres schlechten Verhaltens beim letzten öffentlichen Auftreten im Planetarium ja ein Tag lang Unterricht angedroht, aber jetzt ist die zweite Lehrerin, die mit mir zusammen den 6-Stunden-Tag stemmen sollte, krank geworden. Also bleibt das alles an mir hängen, und ich habe die besondere Ehre, mit 29 motzenden Teenagern morgen im Forst rumzulatschen, bis die 2,5 Stunden um sind und die Strafe hoch genug war. Das wird über die Quälerei, aber zum Glück kommt wenigstens Tim mit, der andere Vertretungslehrer, der heute ganz hilflos im Lehrerzimmer stand und (ganz leise) fragte: "Braucht noch jemand Unterstützung beim Wandertag?" Die anderen Lehrer hatten keine Chance, so laut, wie ich gleich "HIER" geschrien habe. Und Tim kennt sich zum Glück auch ein bißchen in dem Wald aus, durch den wir laufen müssen. Ich hätte mich wahrscheinlich am Stand der Sonne und an der Moosbewachsung der Bäume orientieren müssen, um zurückzufinden.

Mein 9. Sportklasse hat angenommen, dass ich ihnen die letzten Stunden einfach frei geben würde (klar, wäre ja auch logisch, Unterricht einfach ausfallen zu lassen ist ja auch eine gängige Praxis), und waren dementsprechend angkotzt, als ich ihnen das Spiel Baseball aufdrängelte. Über das dumme Spiel, ich schwör, ohne Sinn und so. War ich froh, als die beiden Sportstunden vorbei waren - irgendwie war ich noch nicht auf Wochenmodus gestellt und ein bißchen überwältigt von all dem Protest, der mir da in den vier ersten Stunden schon wieder entgegen geschleudert wurden. Aber das wird sich im Laufe der Woche bessern, v.a. morgen heißt es: hart sein und über den Protest und die Todesdiskussionen einfach abprallen lassen!

Donnerstag, 16. Juni 2011

Sportfest

Es war zu heiß heute, viel zu heiß. Todeswarm, wie es Gilian (mehrmals und lautstark) auf den Punkt brachte. Bei gefühlten 40 Grad hatten die Lehrer ganz schön am Sportfest zu knabbern. Die Schüler haben sich ganz gut benommen, es sind sogar mehr als die Hälfte gekommen. Sie haben sich angestrengt, und vor allem die Staffeln waren ein großer Erfolg. So weit, so gut. Aber die Lehrer....schwierig schwierig. Kein Wunder, dass die Schüler kaum auf Anweisungen reagieren, wenn selbst die Lehrer es erst beim vierten deutlichen Ausruf schaffen, sich am Start für die Staffeln einzufinden. Nein, es sind nicht alle Lehrer so, aber erschreckend viele. Ich finde, so ein Sportfest ist eine super Probephase: Alle Lehrer, die in der Schule arbeiten wollen, machen das mal mit, und danach wird entschieden. So als Casting, sozusagen.

Wie gut, dass wenigstens die Schüler heute super waren. "Meine" 7. hat die Staffel gewonnen und kam nachher ganz aufgeregt auf mich zugerannt: "Ey Frau Schmidt, sind Sie stolz auf uns? Wir ham gewonnen!!" - "Klar, ich habe nur euch die Daumen gedrückt und angefeuert." Wir klatschten ab und die Schüler waren sehr zufrieden. Ich auch.

Gloria aus der 7. kam nach dem Sportfest zu mir: "Frau Schmidt, können Sie tanzen?" - "Ähm..." - "Ich zeig Ihnen mal was!" Samba und Tango, sehr beeindruckend! Wirklich gut, das Mädel. "Ich komme ja aus Südafrika, da ist das unsere Kultur." Wie ich erfahre, ist Gloria seit 3 Jahren in Deutschland, ihre Muttersprache ist Spanisch, aber ihr Deutsch wirklich gut. Ihrer kleinen Schwester fiel die Umstellung leichter als dem Rest der Familie, aber inzwischen gefällt es Gloria sehr gut hier. Ich finde es immer wieder interessant, wenn Schüler mir von ihrem Leben erzählen. Und ich mag es sehr, wenn sie ihre Süßigkeiten mit mir teilen, wie Hassan das heute getan hat. Danke, ihr Lieben!

Mittwoch, 15. Juni 2011

Schonfastganzbald Ferien

Obwohl ja schon fast ganz Ferien sind (es sind weniger als 2 Wochen bis zum letzten Schultag), läuft der Unterricht ganz normal weiter. Seltsam irgendwie, einerseits sind alle in einer Art Glückseligkeit wegen der bevorstehenden 6 Wochen ohne Schule, andererseits aber auch im unglaublichen Schuljahresendstress. Zensuren müssen eingetragen werden, die letzten Klassenkonferenzen werden abgehalten, die Versetzungkonferenzen stehen an. Und das Sportfest, der Wandertag, die feierliche Zeugnisübergabe der 10. Und die Schüler drehen sowieso ab, jetzt, wo die Notenvergabe quasi abgeschlossen ist.

Vor der ersten Stunde standen die vier Siebtklässlerinnen, die am Freitag fast an dem Wasser aus dem Wasserhahn, das sie im Sportunterricht trinken mussten, gestorben wären, vor dem Lehrerzimmer. Sie haben sich entschuldigt für ihr alberndes Verhalten. Süß! Aber natürlich auch berechnend: Sie hoffen, dass ich nun den Eintrag in das Klassenbuch wieder zurück nehme. Mache ich natürlich nicht. Mache ich nie. Aber niedlich, wie die Schüler das immer wieder denken.

Ich hatte heute meine 7. im Sport. Wir haben Kugelstoßen geübt, die Schüler hatten das noch nie gemacht und großen Spaß daran. Nachdem ich alles erklärt und vorgemacht habe und auf die häufigsten Fehler hingewiesen hatte, fragte Hassan: "Ey Frau Schmidt, und dafür ham Sie mehrere Jahre studiert? Das is doch übereinfach!".

Mit der 9. hatte ich heute eine Vertretungsstunde, in der ich uns allen etwas Abwechslung gegönnt habe: Die Jungen haben einen Fußball bekommen und waren glücklich, ich habe mit den Mädels die Geräteräume der Sporthalle aufgeräumt und sauber gemacht. Sehr gemütlich. Ganz kurz gab es Stress, weil zwei Mädels sich im Umkleideraum verschanzt hatten und kaum dazu zu bewegen waren, nach unten in die Halle zu kommen. Als ich mit Tadel drohte, hieß es gleich: "Oha, Frau Schmidt, was regen Sie sich denn so auf?" Ja, was rege ich mich eigentlich auf? Die zwei bleiben eh sitzen, da ist eh nichts mehr zu machen....

Mit der anderen Neunten habe ich noch einmal für die Pendelstaffel morgen beim Sportfest geübt. Skandal!! "Nee, ich lauf ganz bestimmt nich. Überpeinlich!", "Ey Frau Schmidt, das ist ohne Sinn.", "Über die Scheiße hier, ich lauf nich." 12 Schüler brauchen wir pro Klasse als Läufer - ich hätte nie gedacht, dass das soooo schwer sein könnte. Wir werden sehen, wer morgen überhaupt kommt. Ich glaub ja, dass es nicht viele sein werden - umso besser für uns, da haben wir auch weniger Stress!

Freitag, 10. Juni 2011

Super Friday

Heute war die Schule nur schön. Ich hatte drei Stunden, das Wetter war angenehm, die Schüler ausnahmslos so nett, dass ich mich über niemanden richtig ärgern musste. Und das Temperaturempfinden hat mich mal wieder überrascht: Bei 20 Grad, leichtem Wind und Sonne fanden es die meisten Mädels aus der 10. "viel zu kalt" um draußen Sport zu machen. Die 8. hat mich aber schon morgens nach Kurzstunden gefragt: "is doch überwarm heute". In Englisch haben sie sich ganz gut benommen, sie hatten einen Text zu bearbeiten, den ich zum Kontrollieren mitgenommen habe (damit ich über das lange Pfingstwochenende auch beschäftigt bin). Die Schüler hoffen jetzt auf die letzten Tage alle, ihr Zensuren mindestens um 2 Werte zu verbessern, deswegen strengen sie sich gerade alle unglaublich an. Wie schön!

Donnerstag, 9. Juni 2011

Es geht um unsere Gesundheit!

Der Tag hat heute gut angefangen: Kurz vor der ersten Stunde (Englisch mit der schlimmen 8.) standen zwei Schülerinnen vor dem Lehrerzimmer und überbrachten die Nachricht, dass heute morgen nur ungefähr die Hälfte der Klasse anwesend sei und die anderen erst zur zweiten Stunde kommen würden. Ich dachte sofort: "Yes, endlich kann ich mal ordentlichen Unterricht machen!!!!" und fragte mit seeeehr strengen Lehrerinnengesichtsausdruck: "Und warum?" Irgendwie gab es gestern ein Missverständnis mit der Klassenlehrerin, die die Frage der Schüler, ob in der ersten Stunde Musikunterricht wäre, verneinte. Und wer hätte dann nicht geschlussfolgert, dass die erste Stunde also ausfallen müsste (dass wir schon seit 6 Wochen jeden Donnerstag Morgen Englisch haben, spielt in der Schülerlogik keine Rolle). Und was soll ich sagen: Der Unterricht war SUPER! Die 15 Schüler waren ruhig, haben mitgearbeitet und sich ganz gut benommen. Nur am Ende ist alles wieder ein kleines bißchen eskaliert, als nämlich der Rest der Klasse ab halb 9 angekleckert kam und sich jeder Einzelnde lautstark darüber empörte, dass jetzt eine Stunde unentschuldiges Fehlen im Klassenbuch stehen würde. Die Anwesenden waren gerne bereit, auch dem Letzten noch seeeeeehr detailgetreu auseinanderzusetzen, was jetzt wie passiert war. Auf die letzten 15 Minuten Unterricht musste ich also verzichten, was aber gar nicht schlimm war, weil wir vorher soviel Stoff wie sonst in zwei Stunden geschafft haben.

In der 5. und 6. hatte ich Vertretung in einer 7. Stunde - Sport (meine 7. war leider nicht da...). Die Klasse kenne ich überhaupt noch nicht, deswegen wollte ich den Schülern und mir eine Freude machen und sie in der Turnhalle spielen lassen. Erst lief auch alles ganz gut und die Kinder waren begeistert von Rugby und Baseball. Aber nach der ersten Stunde bestürmten mich die Schüler, in die Umkleidekabinen zu dürfen, um etwas zu trinken. Das erlaube ich aber generell nicht, weil v.a. die Schülerinnen diese Gelegenheit zu gerne für einen kleinen Kaffeeklatsch da oben nutzen und die Kinder außerdem immer schön nacheinander nach oben schlendern, sodass für mindestens 30 Minuten kein Spiel mehr zustande kommen könnte. Aber ich bin ja kein Unmensch, deswegen habe ich erlaubt, dass die Schüler Wasser aus dem Wasserhahn im Waschraum trinken dürfen - ein SKANDAL!! Anscheinend hat den Schülern irgendjemand erzählt, dass Wasser auf gar keinen Fall getrunken werden dürfte, denn es erhob sich ein Protestgeschrei allererster Güte. Das ginge ja gar nicht, das mögen sie nicht, dieses eklige Wasser, das ist voll ungesund, sie haben über den Durst, gleich kippen sie um, gleich trinken sie aber wirklich Wasser aus der Toilette, ja, jetzt haben sie wirklich Wasser aus der Toilette getrunken ("Gut, dann habt ihr ja jetzt keinen Durst mehr." - "Ihh, Frau Schmidt, das war nich ernst gemeint. Dasiss jawohl überecklig. Trinkn Sie imma aus Toilette?"), jetzt haben sie Bauchschmerzen vom Wasser, und wenn jetzt alle nacheinander umkippen wie die Fliegen bin ich ganz alleine daran Schuld, gleich platzt auch noch einer vor Wut - und: "Es geht doch um unsere Gesundheit!" Frau Schmidt ist hart geblieben und konnte sich nach dem Unterricht anhören (die Umkleidekabinen sind sehr hellhörig), wie scheiße sie ist, wie total gemein, Frau Awos würde das auch immer anders machen, und überhaupt....ermüdend!

Mittwoch, 8. Juni 2011

Ein Gewitter, ein Gewitter. Und Regen!

Nachdem es die letzten Tage todeswarm war, war es heute überschwül. Zum Glück schwitzt unser Direktor auch schnell, denn auch heute gab es wieder Kurzstunden. In der 8. habe ich erstmal die Klausur ausgeteilt, die ganz gut ausgefallen ist. Die meisten haben sich gefreut, die meisten sind nicht sitzen geblieben, da mussten Klausuren verglichen werden, Fragen gestellt, um Punkte gefeilscht, gejubelt und geheult werden. Nach ungefähr 10 Minuten habe ich die allermeisten Fragen klären und die allermeisten Schüler dazu überreden können, sich wieder zu setzen. Eigentlich war jetzt Textarbeit angesagt. Aber NEIN, ein unglaubliches, unerwartetes, noch nie gesehendes, verrücktes Ereignis spielte sich draußen ab: Es regnete. Überdoll. Todesdoll! "Frau Schmidt, es regnet!", wies mich Cenk netterweise auf das Wetter hin, als ich versuchte, das durch Wind und Regen aufgesprungene Fenster zu schließen und schon ordentlich Wasser abgekriegt hatte. "Wussten Sie das?", schob Kim hinterher. Aber es kam sogar noch schlimmer. Ich hatte gerade fast alle fast ganz ruhig bekommen, als Hüssein aufgeregt und erschrocken aufschrie: "Donner! Ein Gewitter!!" - ich hatte noch gar nichts gehört. Aber die anderen waren total verschreckt! "Waaaas, ein Gewitter? Ohaaa, gefährlich.". "Frau Schmidt, ham wir Blitzableiter anner Schule?". "Ey Frau Schmidt, könnn wir rausgehn?". "Ahh, schonwieder ein Donner" (jetzt hatte ich tatsächlich ein leises Grollen gehört). "Frau Schmidt, es regnet. Wussten Sie das?". "Is Gewitter gefährlich?". "Voll cool das Gewitter." - "Bist du dumm?! Gewitter is voll gefährlich." - "Ne. Ist überschön." - "Halt mal die Fresse jetzt. Frau Schmidt, Gewitter is doch gefährlich, ne?!" ... Zum Glück hatten wir nur 30 Minuten, da konnte ich der Diskussion relativ schnell entfliehen. Zwischendurch habe ich versucht, den Text vorlesen zu lassen. Versucht. Dabei blieb es.

Schön auch die 7. Stunde: Die 9klässler sind schulmüde, von 30 Schülern waren 15 da. Okay, 8 haben auch eine Klausur nachgeschrieben, die anderen haben aber geschwänzt. Trotzdem wollte ich die Schüler die längst überfälligen 1000m laufen lassen. Mutig sind wir raus auf den Sportplatz - und waren erstmal kurz ratlos: Die Laufbahn stand komplett unter Wasser. Also habe ich den Jungen erlaubt (war eh nur ein Mädchen da), Fußball zu spielen. Gerade, als sie mitten auf dem Platz standen, ging das Gewitter wieder los - erschreckend nah dieses Mal. Trotz der Proteste der Schüler, die ausgerechnet jetzt unbedingt draußen bleiben wollten (wollen sie sonst NIE) scheuchte ich alle wieder zurück in die Halle. Die Stunde war dann auch schon fast um. Zum Glück kann man Jungs mit einem Fußball immer glücklich machen!

Dienstag, 7. Juni 2011

Klassenkonferenz

Heute war mein kurzer Dienstag, und dank Kurzstunden hatte ich sogar schon 11:10 Uhr Schluss. Trotzdem musste ich nachmittags noch einmal in die Schule (Schulweg: 40Minuten!). Die Lehrer und die Schulleitung sowie Eltern- und Schülervertreter versammelten sich, um den Fall Nils zu diskutieren. Nils ist ein netter 7.klässler, der mir bisher durchweg positiv aufgefallen ist (nicht aus der schlimmen 7., aus der Parallelklasse). Ich unterrichte ihn allerdings auch in Sport, und wenn ich ihm verspreche, dass er vor jeder Stunde für 10 Minuten einen Fußball von mir bekommt, tut er alles für mich!

Aber Nils hat großen Mist gebaut, Übermist sozusagen: Er hat, nachdem er einen Eintrag bekommen hat, das Klassenbuch "verschwinden" lassen. Hat es einfach mit nach Hause genommen und dort in seinem Zimmer versteckt. Die Klassenlehrerin war in heller Panik, das Lehrerzimmer, sämtliche Fachräume und die Sporthallen wurden umgekrempelt, Lehrer zu Hause angerufen...nichts. Paul, der auch noch Klassenbuchverantwortlicher war, half bei der Suchaktion tatkräftig mit und verschwieg auch auf Nachhfrage die kleine Tatsache, dass das Buch sicher bei ihm im Zimmer lag. Erst als seine Klassenlehrerin von seinem Eintrag erfuhr und zusätzlich von einem Klassenkameraden einen Tip bekam, daraufhin Nils Mutter anrief und die daraufhin sein Zimmer durchsuchte, flog die ganze Sache auf. Die Folge wurde heute besprochen. Das verschwundene Klassenbuch ist aber nicht Nils einiziges Vergehen: Im Laufe des Schuljahres hat er schon einen Mitschüler mit einem Buch geschlagen, einem anderen einen Nackenklatscher mit Verletzung gegeben und die Mutter seiner Klassenkameradin beleidigt, obwohl er wusste, dass die Mutter tot ist und Beleidigungen dieser Art absolut nicht angebracht sind. Ach ja, und er hatte den Unterricht mehrmals gestört. Und das vom netten Nils!! Ich war etwas erschrocken und habe dann dem Antrag auf einen schriftlichen Verweis (steht dann in der Schülerakte) und Androhung auf Versetzung in die Parallelklasse zugestimmt. Das Schlimme: Nils ist noch einer von den netten Schülern, da gibts ganz andere!!


Wie war mein Tag sonst so? Englisch mit der 7., muss ich mehr sagen?! Heute ging es darum, dass ich aussähe wie eine Moderatorin bei RTL und sich die Kinder absolut vorstellen können, wie ich im Fernsehen auftrete, blablabla. Als ich mit Nachsitzen drohte dann das Zitat des Tages von Cem: "Ey Alter, das ist voll dumm, ey, ich schwör, ohne Sinn!". Genau!!!

Montag, 6. Juni 2011

Hartz IV TV

Eigentlich hatte ich heute morgen gute Laune. Nach den Mini-Herrentagsferien war ich wirklich ausgeruht und hatte mich auf meine Schüler gefreut. Aber schon in den ersten beiden Stunden haben sie mich wieder auf den Boden der Tatsachen zurück geholt. Die 7. war außer sich vor Wiedersehensfreude - schließlich mussten sie ganze vier Tage ohne einander auskommen. Da musste natürlich erstmal besprochen werden, was übers Wochenende so passiert ist: Geburtstag gehabt (Karomitk), Hand in der Tür eingeklemmt und überschwer verletzt (Mellie), Megaübertodeshitze (alle). Klar, dass die modalen Hilfsverben da nebensächlich sind. Also lockerer Einstieg: Ich habe den Kindern die Möglichkeit gegeben, durch ein Referat über das Thema ihrer Wahl ihre Note zu verbessern. Ganze zwei Schüler haben das genutzt. Zwei! Aber klar, die anderen hatten es jetzt nicht sooo nötig. 4 oder 5 reicht ja auch aufm Zeugnis. Also zwei Vorträge - über London und über das London Eye. Obwohl, Vorträge...naja, eher Vorgelesenes von Wikipedia (was da der Inhalt des Textes war, habe wohl nur ich verstanden). Nach Beenigung der Vorträge war leider immer noch gaaaanz viel Stunde übrig und wir mussten uns mit den modalen Hilfsverben beschäftigen. Haben wir auch gemacht - aber nur nebensächlich. Hauptthema war diesmal: Hartz IV TV. "Ey Frau Schmidt, guckn Sie Hartz IV Fernsehen?" (Mellie). "Nein, um die Zeit sitze ich immer am Schreibtisch und kontrolliere eure Arbeiten" (Autsch, großer Fehler: Nie, niemals auf solche Diskussionen einlassen!!! Nicht im Unterricht!!!!!). "Haha, und dabei guckt sie immer 'Verdachtsfälle'" (Gilian). "Ich mag 'Familien im Brennpunkt bessa. Das is übergeil! Habt ihr gestern gesehn wo....." (Charly). Es folgt eine hitzige Diskussionen über die Vor- und Nachteile aller Nachmittagssendungen, die zwischen 14 und 18 Uhr laufen. Ich drohe mit Vokabeltest. Kurze Aufmerksamkeit auf die Hilfsverben, dann...."Ich hab voll den Todessonnenbrand." sagt Charly und zieht ihr Shirt runter - feuerrot!!! "Ihhhhh, haste dich nich eingecremt??" ruft Volkan vom anderen Ende der Klasse. "Ich hab ne Sonnenallergie." - "Seid doch ma leise, sonst schreibt sie n Vokabeltest!" - "Fresse Hassan! Misch du dich da nich ein ey.". Gut, da war das Maß voll. Der Vokabeltest ist aber gar nicht sooo schlecht ausgefallen. Aber die Schüler hatte ich damit natürlich gegen mich "Ey Frau Schmidt, voll gemein!!! Das is unfair, echt!" Die letzten 5 Minuten wollte ich also Entspannung für alle und habe einen Hörtext bearbeiten lassen: Ein Lied von Bruno Mars, Lückentext, zuhören, ausfüllen, fertig. Aber klar, das Lied war natürlich totaaaaaal uncool, überdumm sozusagen, und Frau Schmidt wurde heimlich ausgelacht, weil sie son Schrott hört.

Und auf diese Schüler habe ich mich gefreut? Mh, warum nochmal???

Dienstag, 31. Mai 2011

Todeswarm

Sport in der ersten Stunde mit der 7. Seit fast einem halben Schuljahr haben wir JEDEN Dienstag in der ersten Stunde Sport, und genauso lange vergessen die Schüler Montag Nachmittag ihre Turnsachen in ihrem Klassenraum. Das bedeutet, dass ich jeden Dienstag entweder für ne halbe Stunde meinen Schlüssel aus der Hand gebe oder mit jedem Schüler selbst zum Klassenraum latsche, aufschließe und wieder abschließe, wenn der Turnbeutel da ist. Heute morgen haben die ersten Mädels schon vor dem Lehrerzimmer gewartet: "Frau Schmidt, können Sie uns die Klasse aufschließen?"


Wenn dann endlich endlich alle Schüler umgezogen und in der Halle sind, kommt der erste Verspätete und klopft an die Hallentür. Aufschließen, warten, abschließen. In der Halle ("Das ist doch ohne Sinn, dass wir uns in der Halle treffen, wenn wir eh rausgehn, Frau Schmidt!") mache ich die Anwesenheit. Währenddessen kommt Zuspätkommer Nr. 2 angeschlurft. Wir gehen auf den Sportplatz, wo ich die letzten Jungen im Weitsprung prüfen will, während die Mädchen sich mit Badmintonspielen, Volleyball oder Frisbee beschäftigen sollen. Das tun sie nicht, auch nicht nach mehrmaliger Aufforderung, sondern sie stehen in einer Ecke und quatschen. Gut, ich konnte mich darum nicht kümmern, weil ich die Jungen an der Backe habe. Nachdem das Einspringen verweigert wurde, habe ich sofort mit der Leistungskontrolle begonnen. "Man Frau Schmidt, ich hasse das! Das ist überwarm hier, und wir müssn Weitspringen. Wie dumm ist das denn!!!", "Schon wieder übertreten. Sie sind Schuld!", "Oah, ich raste gleich aus. Ich mag Sie nicht mehr, Frau Schmidt.". Während ich also versuche, die Jungs in Schach zu halten und zu guten Note zu animieren, schlurfen Zuspätkommer Nr. 3 und 4 an. Ohne Sportsachen - ein Glück, das erspart die Schließerei. Plötzlich, 20 Minuten zu spät und ohne einen Ton zu sagen, steht Laureen vor mir. Sie sieht mich erwartungsvoll an und schweigt. "Guten Morgen, Laureen!" - "...." - "GUTEN MORGEN" - "Morgn." - "Ja, und, was ist? Du bist zu spät!" - "Mh." - "Warum?" - "Darum." - "Na dann los, geh dich umziehen, und beeil dich dabei!" Den Schlüssel bekommt sie von mir. 15 Minuten später ist Laureen immer noch nicht da. Genausowenig wie Lena. Ich bitte Greta, die zwei zu suchen. "Die chilln da hinten um die Ecke." - "Na dann los, hole sie doch bitte mal!" - "Mh...". Nachdem Laureen, Lena und Greta mit Händen in der Tasche und einer provozierenden Langsamkeit auf den Platz geschlurft kommen, ist die Stunde fast um. Trotzdem: Alle Mädchen laufen jetzt noch die 800 Meter auf Note, die haben sich ja in der Stunde nicht bewegt, da brauchen sie noch ein bißchen Auslauf. "Ohhaaaa, Frau Schmidt, es ist todeswarm. Ne, ich lauf jetzt bestimmt nicht." Am Ende haben sich alle doch ein kleines bißchen angestrengt und ich habe die Sportstunde überstanden! (Es war übrigens wirklich warm. Aber nur überwarm, todeswarm wurde es erst so gegen 10 Uhr - und da hatte ich zum Glück kein Sport mehr).

Montag, 30. Mai 2011

Hitzefrei

Nach der 2. Stunde schleppte ich mich nach Luft schnappend ins Lehrerzimmer und konnte nur noch flüstern: "Haben wir eine Chance auf hitzefrei heute??". Ich war nämlich eben mit meiner 7. im Wald gewesen. Ja, im Wald. Mit den Großstadtkindern. Sie hatten sich so tapfer durch die Englischklassenarbeit geackert und 60 Minuten geschrieben, sodass ich beschlossen habe, uns allen die letzten 30 Minuten unserer Doppelstunde frei zu geben und uns mit einem Spaziergang in den Wald, der direkt hinter unserer Schule anfängt (ja, sowas gibts, sogar in Berlin) zu gönnen. Die Kinder waren ganz froh, rauszukommen. Konnten sie natürlich nicht so zeigen: "Boah, Frau Schmidt, warum denn inn Wald? Da sind doch über die vielen Mücken!" Volkan jammerte: "Ey voll dumm hier. Da würd ich lieber Englisch machn...", konnte sich aber im nächsten Moment nicht mehr auf seine Beschwerde konzentrieren, weil er eine ausgelassene Tannenzapfenschlacht mit Gilian, Cem, Hassan, Lukas und Benni begann. Süß, wie die Jungs gekreischt haben dabei. Karomitk, Sahra, Emmi und Caromitc bilden mit mir das Schlusslicht der Truppe. Eigentlich hatte ich vor, die Kinder über die News aus ihrer Szene zu befragen, interessiert mich ja immer, sowas. Aber die vier waren viel zu beschäftigt damit, den letzten Streit mit ihrer Klassenkameradin Charly zu analysieren, die vorne lief und uns durch ihr lautes Rumschreien nicht verloren gehen konnte. "Frau Schmidt, ich bin ganz vermückt!", gesellte sich Johannes neben mich. Aber da es eh Zeit war, umzukehren, würgte ich diese erneute Beschwerden-Attacke ab und bließ zum Rückmarsch.

Isa und Melli riefen mich übrigens über das Handy von Cem an: "Frau Schmidt, wir hams nich geschafft, wir sind noch in der Schule." - "Wieso ward ihr nicht an der Turnhalle, wo wir uns treffen wollten?" - "Warn wir ja, aber da war keiner!". Naja, Abzüge muss man immer machen, aber insgesamt habe ich mich über die 7. heute gefreut - auch, weil die Klausur mit einem Schnitt von 2,74 super gut war!

Den Rest des Tages habe ich auf dem glühend heißen Sportplatz verbracht und meinen 9. gnädig den 1000m Lauf erlassen. Stattdessen haben wir den 100m Sprint wiederholt, und zu Abkühlung durften dann alle unter den Rasensprenger. Schön war das - für die Schüler. Ich hab mich totgeschwitzt und war froh, dass dann die 7. Stunde ausgefallen ist. Hitzefrei! Und ja, darüber freut man sich als Lehrer tatsächlich genauso doll wie als Schüler!

Freitag, 27. Mai 2011

Totalausfall

Man soll den Tag nicht vor dem Abend loben, die Woche nicht vor dem Freitag und Schüler anscheinend gar nicht. Denn nach dem ganzen Lobsgedusel haben die Lieben sich heute einfach mal total verweigert. Eigentlich laufen die zwei Stunden Sport mit den 10. am Freitag so: Ich übernehme die insgesamt 12 Mädels, von denen im Schnitt 4 bis 6 Sport machen (die anderen sind krank oder flüstern mir im Vertrauen zu, dass sie schon wieder "ganz schlimm" ihre Tage haben). Mit den Sportlerinnen ziehe ich dann den Unterricht durch, die anderen sind nett und helfen mir (z.B. beim Weitsprung), oder wir hören Musik in der Halle und die Sportlerinnen laufen den Cooper-Test und die anderen klären mich über den neuesten Shit aus der Welt der 16jährigen auf - ganz gemütlich also. Eigentlich. Denn heute war meine Kollegin Sabrina krank, die zusammen mit Micha die Jungen der 10. übernimmt. Also mussten die Mädels mit den Jungen zusammen Sport machen (das ist übrigens immer wieder Grund für heftigste Beschwerden, weil die Jungen über die Mädels lästern, sobald die anfangen, sich zu bewegen. Nur Jenny bricht in Jubel aus - sie ist in 2 Jungen verknallt und kann hat ein Dauersportattest - zum gucken geht sie gerne rüber zu den Jungs!). Weil heute die letzten Sportstunden vor dem Zensurenschluss waren, brauchten wir die letzten Noten für die 1000m, Weitsprung und Kugel. Eine Klasse hat sich nach dieser Ansage sofort zu einem spontanen Sitzstreik entschlossen und ist in der Turnhalle sitzengeblieben. Die andere Klasse ist zwar immerhin auf den Platz gekommen, ging aber, statt sich warm zu laufen, geschlossen einmal gemütlich die Sportplatzrunde spazieren. Ich hätte ihnen fast noch Zigaretten und Bier angeboten, so chillig sah das aus!
Micha und ich kamen sehr schnell zu dem Entschluss, dass wir sofort handeln mussten, um unser Gesicht nicht zu verlieren. Also alle Schüler wieder rein, umziehen, und ab in die Klassenräume, wo sie einen Test schreiben mussten, der eingesammelt und benotet wurde. Die Fragen waren nicht schwer, aber was die Schüler da so zusammen geschrieben haben...Und natürlich wurde sich ungeheuerlich beschwert, geschrien, wir Lehrer als "unfähig" beschimpft und, als sie glaubten, wir hörten sie nicht, aufs Übelste beleidigt. So etwas braucht kein Mensch so kurz vor dem Wochenende!!!

Dafür lief mein Englischunterricht in der 8. heute etwas besser. Die 8c ist im Moment meine Problemklasse - ich kann mich gegen die Schüler einfach nicht durchsetzen und habe das Gefühl, vom Unterrichtsstoff kommt bei denen gar nichts an. Also habe ich heute noch einmal gefragt, was eigentlich los mit ihnen sei. Und siehe da: Sie fühlen sich überfordert, finden den Unterricht überschwer und das über die Gemeinheit, dass sie, nachdem ihre Englischlehrerin so lange ausgefallen war, auf einmal so voll viel Unterricht machen müssen unso. Naja, ich habe versucht, die Themen für die Klassenarbeit noch einmal möglichst einfach zu erklären, wobei mindestens 5 Schüler immer irgendwie rumgehampelt haben. Immerhin, besser 5 als 25 - Frau Schmidt merkt einen Fortschritt und ist, fürs erste, mal ganz zufrieden. Und jetzt: WOCHENENDE!!!

Donnerstag, 26. Mai 2011

Love is in the Air

Also das war doch mal eine wirklich gute Woche! Nach dem schönen Anfang gings echt super weiter. Dienstag war kurz wie immer, und ich hatte eine Vertretungsstunde in der 8., die ich auch in Englisch habe und die im Moment echt schwierig sind. Aber Sport war super, da haben sie Fußball gespielt, Räder geschlagen und mir allerlei erzählt. Unter anderem habe ich erfahren, dass Hip-Hop über die geile Musik ist und die In-Bands GMZ (Grüne Medizin) und Haftbefehl heißen. Sido und Bushido sind dagegen über lame....naja, wieder was gelernt.

Gestern hatte ich Vertretung in einer 10. Klasse - ich sollte Physik unterrichten! Zum Glück hatte die Physiklehrerin der Klasse die gute Idee, die Schüler einen Kurzvortrag erarbeiten zu lassen - zum Thema "Horizontalachsenwindkrafträder"...oder so ähnlich, jedenfalls ein hammerlanges Wort, mit dem man gut Hangman spielen könnte. An den Laptops. Es war super - ruhig, alle haben intensiv gearbeitet, ich war entspannt (kann auch daran liegen, dass, weil die MSA Prüfungen durch sind, ca. 8-10 Schüler fehlten). Nur Laurens fühlte sich nicht ganz wohl. Er war dabei, so ein Windrad abzumalen und zu beschriften, während sich Andy (mit A gesprochen - gaaaanz wichtig) schonmal den Infotext am selben PC durchlas. Damit hatte aber Laurens ein Problem: "Lass das doch jetzt mal, dein Fenster verdeckt meins, ich muss das hier abmalen!" - "Ja, aber an der Stelle, wo dein Fenster verdeckt ist, ist doch weiß. Da ist doch gar nichts!" - "Aber ich fühle mich nicht wohl dabei." - "Du fühlst dich nicht wohl dabei???" Hier mischt sich Volkan ein und pflichtet Laurens bei: "Ich verstehe dich, ich fühle mich dabei auch immer nie wohl." - hach, was habe ich doch für sensible Schüler!

Heute dann 7 Stunden. Das Highlight war Englisch in der 7. Die Schüler waren, in Vorbereitung auf die Klassenarbeit, mit Stillarbeit beschäftigt. "Ey Gilian, rasierst du dir eigentlich die Beine?" - Charly, die kann nie lange die Klappe halten. Die anderen, froh über diese Abwechslung, beteiligten sich sofort rege. Als ich sie unterbrechen will: "Ey Frau Schmidt, wir reden über Hygiene, dass is wichtich!!" - auf mein Angebot, ausgiebigst darüber zu diskutieren, allerdings auf Englisch, gingen sie nicht ein. Es herrschte wieder Ruhe in der Klasse, bis: "Ey Frau Schmidt, die habn über die geilen Beine find ich!" Danke für das Kompli, Isa! Bin gespannt, über welche Themen wir im nächsten Englischunterricht diskutieren werden. Hab ich nicht nette Schüler?!

Montag, 23. Mai 2011

3 Tages-WOWs

Heute haben mich fast alle Klassen total umgehauen. In den ersten beiden Stunden hat die 7. so dermaßen diszpliniert gearbeitet, dass außer gelegentliches Schnaufen, Nasehochziehen und Füßescharren nichts zu hören war und ich völlig entspannt am Lehrertisch saß und mich am Anblick der Fleißigen um mich herum freute. Und das an einem Montag Morgen!!! Und als wir dann Wörtererkennen gespielt haben (Buchstaben durcheinandergewürfelt, aus denen das Wort erkannt werden musste), haben sie sich wirklich wirklich angestrengt und waren mit Eifer bei der Sache. Das war das erste Tages-Wow.

Die nächsten drei Stunden (Sport, 9.) waren dann auch okay, die Schüler haben ganz gut mitgearbeitet, nur wenige Ausfälle, mehr erwarte ich nicht. Aber dann der KNÜLLER: Zwei Stunden Sport mit der 9b, normalerweise der größte Nerv-Faktor am Montag. Nur ein Schüler war sportbefreit wegen einer eckligen Fleischwunde am Arm, mit der er mir schon in der Pause vor dem Gesicht herum gewedelt hatte. Alle anderen Schüler waren mit dabei. Ja, auch die Mädchen! Zweites Tages-Wow. Wir haben mit 100m Lauf angefangen, und obwohl es schon ziemlich warm war und die Sonne ein bißchen geschienen hat, habe ich auf eine vernünftige Erwärmung bestanden, damit sich keiner weh tut und so ("Hä, wieso, is doch warm, da brauchn wir doch nich mehr warmlaufen!"). Aber als Abdul und Ben im 3. Rennen gerade um Platz 1 kämpfen, hält sich Ben auf einmal schreiend sein Bein und stürzt zu Boden. Offensichtlich mit großen Schmerzen hat er sich auf dem Boden gewälzt und konnte das Bein nicht mehr auftreten. In der Leistengegend hatte es "geknallt"!! Schon wieder!!! Ich weiß nicht, was in meinem Sportunterricht los ist. Ich kürz mal ab: Krankenwagen gerufen, Notarzt mit Tatütata auf dem Sportplatz für Action gesorgt, Vermutung der Erstretter: Leistenbruch, Abtransport mit Blaulicht. Das wirklich Verblüffende passiert aber währenddessen: Ich hatte, bevor der Krankenwagen kam, noch die Leistungskontrolle 100m abgeschlossen und schonmal mit dem Weitsprung angefangen. Und während ich mit den Sanitätern sprach, Bens Schultasche besorgte etc. haben die Schüler die Leistungskontrolle Weitsprung weiter durchgeführt. ALLEINE!!! Verrückt, oder?! Das war das dritte und größte Tages-WOW. Ich war total platt und ganz gerührt, als Aygül nach der Stunde verkündete: "Ich hab sie ganz ganz doll lieb, Frau Schmidt!" - jaaa, ich euch auch, liebe Schüler.

Samstag, 21. Mai 2011

Déjà-vu?

In den letzten Tagen konnte ich nicht schreiben, weil die Freundin D. da war und mich abgelenkt hat. Dabei ist schon wieder sooo viel passiert!

Der Donnerstag ist mein anstrengenster Tag: 7 Stunden, und nicht mal eine Doppelstunde, das heißt: abwechselnder Unterricht im Klassenraum und auf dem Sportplatz und fast stündliches Wechseln von Sport- zu Englischklamotten. Der Sportunterricht ist zur Zeit ein wenig anstrengend, weil wir in ein paar Wochen Zensurenschluss haben und noch nicht so viel geschafft haben. Das bedeutet: Leistungskontrollen im Akkord, in jeder Stunde muss ich Noten geben. Meine 10. habe ich trotz der Wärme einen Cooper-Test laufen lassen. Danach hatten die Schüler aber Pause - sie durften sich im Schatten erholen und wieder zu Kräften kommen vor der nächsten Stunde (erfreulicherweise hatten einige Jungen trotzdem Bock auf Bewegung und haben Fußball gespielt). Asryn und ihre Freundinnen Merle und Caro turnten auf diesen Barrieren herum, die es oft an Sportplätzen gibt. Asryn schrie auf einmal auf und hielt sich ihre Hüfte. Sie war gerade von der Barriere runtergerutscht, hatte sich irgendwie komisch zur Zeite gebeugt (sie wusste später selbst nicht mehr, was genau sie da gemacht hatte) und hatte nun furchtbare Schmerzen. Sie konnte kaum auftreten und hat den Weg zur Umkleidekabine nur mit meiner Hilfe geschafft. Weil ihre Mama arbeiten war und ihr Papa ohne Auto zu Hause, konnte sie auch nicht wirklich abgeholt werden - also habe ich den Krankenwagen gerufen. Zum 2. mal innerhalb einer Woche und zum 3. mal im Halbjahr (beim ersten Mal war eine Schülerin einfach so ohnmächtig geworden - sie war sportbefreit, saß auf der Bank und lag auf einmal auf dem Boden...). Asryn hatte protestiert, aber anders wäre sie nicht von der Schule weggekommen - und solche Hüftschmerzen wollte ich dann doch lieber abgeklärt wissen. 3 Krankenwagen mit Blaulicht machten sich auf den Weg zu unserer Schule - da war Action angesagt (so einen Wind machen die immer, es könnte ja wirklich etwas Schlimmes passiert sein)!! Nebenbei hatte ich eigentlich noch eine Sportstunde, aber die Schüler waren auf dem Sportplatz mehr oder weniger auf sich allein gestellt und haben zum Glück ausnahmsweise mal keinen Scheiß gemacht sondern waren eigentlich recht vernünftig.

Am Freitag hatte die Klasse von Asryn mündliche MSA Englisch-Prüfung. Ich war Protokollantin und sehr erleichtert, als ich Asryn auf Krücken angehumpelt kommen sah. Wenigstens war es nicht so ernst, dass sie im Krankenhaus bleiben musste! Leider hatte sie gar keine richtige Diagnose bekommen. Sie wurde zwar von allen möglichen Geräten durchleuchtet worden, aber die Ärzte waren ratlos, was da passiert sein konnte. Jetzt soll sie zum Unfallarzt, mal sehen, ob der was weiß...

Ansonsten waren die mündlichen MSA Prüfungen wirklich interessant. Folgende Dinge habe ich über die 10.Klässler rausgefunden:


1. Geld verdienen ist ihnen furchtbar wichtig. Alle, die nach ihren Vorstellungen über ihre Zukunft oder ihre Traumjobs antworteten, dass sie wahlweise ein großes Haus/zwei Autos/viel Geld haben wollten.

2. Nach ihren Urlaubsplänen befragt antworteten ausnahmslos alle Jungen: Alkohol trinken, Spaß haben, feiern gehn. Und mit den "Chicks" flirten.

3. Die allergrößten Machotypen werden ganz klein, wenn sie ein oder zwei Sätze auf Englisch sagen sollten. Niedlich!


Mittwoch, 18. Mai 2011

"Kein Bock auf son Scheiß!"

Sport mit der 9. Die Schüler fragen schon in der Pause aufgeregt, was wir heute machen und antworten auf meine Ansage "Wir üben den 100m Lauf." mit "Och neeeee, könn wir nich ma Football spieln?"


Am Unterricht nehmen von 29 Schülern dann 12 teil - 7 Jungen und 5 Mädchen. Die anderen sind entweder krank (einer) oder haben das Sportzeug vergessen (3) oder haben einfach keinen Bock "auf so einen Scheiß" (der ganze Rest). Weil die Schüler finden, dass sie im Sportunterricht viel zu viel Leichtathletik machen und darauf überhaupt keine Lust haben, ziehen sie sich eben nicht um. Oder sie haben das Sportzeug zwar an, antworten auf meine Frage, warum sie dann nicht mitlaufen aber: "Weil ich keine Lust hab. Ich mach nich mit." Ein Glück, dass ich mich darüber nur ein bißchen aufrege. Dann gibts eben für die Leistungsverweigerung eine 6 und einen Klassenbucheintrag (bei drei Einträgen gibt es einen Tadel). Und ich kann ganz entspannt und in Ruhe mit den anderen Schülern den Sportunterricht durchführen. Für mich bedeutet diese Verweigerung viel weniger Stress und Arbeit - und wenn ich mich darüber nicht mehr aufrege, weil ich diesen Quatsch schon so oft erlebt habe, dann ist das eh auch besser für mein Herz und so...ehrlich, würde ich mich darüber aufregen, dann käme ich aus der ganzen Aufregung gar nicht mehr raus!

Post-Wandertags-Depressionen

Ein Glück war ich gestern krank geschrieben!!! Gott sei dank war ich NICHT diejenige, die sich mit dieser 7. Klasse öffentlich zeigen musste!!! Die Schüler haben sich so schlimm benommen, dass sie fast rausgeschmissen worden wären. Während der Vorstellung im Planetarium (es war relativ dunkel) rannten die Kinder im Raum umher, klapperten mit ihren riesigen Armringen, unterhielten sich, aßen und machten allen möglichen Scheiß, das man bei 2jährigen vielleicht gerade noch durchgehen lassen, für 13/14jährige aber völlig indiskutabel ist. Die arme Lehrerin, die mit ihnen drinnen war, hat versucht sie ruhig zu halten, was nicht gelungen ist. Kommentar der Mitarbeiter des Planetariums: "Sie tun uns leid!".
Als ich heute morgen davon erfahren habe, war ich erstmal wieder sauer. Und zwar so sehr, dass ich mir den Direktor mitnahm und wir beide in der ersten Stunde wütend in die Klasse gingen, um mal ne ordentliche Ansage zu machen. Der Direktor war auch ganz cool und meinte nur: "So etwas hat es an unserer Schule noch nie gegeben. Im Gegenteil, das Auftreten der Klassen in der Öffentlichkeit war immer einwandfrei. Aber mit euch kann man so etwas nicht mehr machen - beim nächsten Wandertag macht ihr Unterricht!! Und zwar 7 Stunden lang!!!" Ich hab dann auch noch meinen Senf dazu gegeben, von wegen das könne doch nicht sein, was in deren Köpfe vorginge etc...die meisten waren auch einigermaßen bedröppelt, aber Jayden verteidigte die Klasse: "Das war voll langweilig!" Ach soooooo, ne, na dann, das ist ja ganz was anderes, DANN haben sie natürlich jedes Recht, sich so zu benehmen, klar!!! Leider agieren die Kinder nach diesem Motto z.Z. auch im Unterricht - was langweilig ist (also..eigentlich fast alles) wird erstmal abgelehnt. Mal gucken, was das noch wird bis zum Ende des Schuljahres, schließlich stehen jetzt erstmal noch ne Menge Tests und Klausuren an.

Ach ja, noch ein besonderes Schmankerl: Auf die Frage vom Direktor, warum er nicht beim Wandertag gewesen sei, antwortete Carol: "Ich hab meiner Mutter gesagt, dass das Planetarium in Biesdorf ist, da hat sie gesagt, dass ich soweit nicht fahren muss." Das Planetarium ist im Prenzlauer Berg. In der Prenzlauer Allee. Ohne Worte!

Dienstag, 17. Mai 2011

Der kurze Dienstag

Hanna geht es gut!!! Hanna war die 10klässlerin, die am Freitag in meinem Unterricht beim Hochsprung verunglückt ist und vom Krankenwagen abgeholt werden musste. Heute habe ich sie in der Pause getroffen und war heilfroh, sie ohne Halskrause wie gewohnt um die Jungs rumspringen sah. Sie hat wohl eine Schulterprellung, die in ungefähr 3 Wochen ausgeheilt sein wird und muss weder die Halskrause tragen noch irgendwelche Medikamente nehmen. Na ein Glück!


Deswegen hab ichs heute direkt nochmal versucht mit dem Hochsprung: Ich hatte zwei 7. Klassen hintereinander und deswegen hat es sich einigermaßen gelohnt, die Anlage aufzubauen. Die Kinder waren, als sie in die Halle kamen, nicht gerade begeistert ("Was machn wir heut? Hochsprung? Scheeeeeeiiiiiißääää!", "Das ist ohne Sinn, Frau Schmidt."), aber dann hats ihnen doch Spaß gemacht (jajaja, die Kleinen, manchmal muss man sie zu ihrem Glück zwingen). Danach noch eine Stunde Englisch in meiner 7., und dann war der Schultag auch schon vorbei. Genau wie dieser Post jetzt....

Montag, 16. Mai 2011

Macht das eigentlich noch Spaß?!

Ich glaub, ich sollte hier mal was Positives reinschreiben. Die Leute bemitleiden mich ja schon, nachdem sie meinen Blog gelesen haben und fangen an zu fragen, ob ich überhaupt Spaß habe am Lehrerleben. Zu dieser Frage gibt es nur eine richtige Antwort: JAAAA, und wie (und das ist jetzt ausnahmsweise mal keine Ironie). Auch wenn die Schüler natürlich manchmal nervig, anstrengend und einfach dooooooof sind, und auch wenns im Lehrerzimmer zuweilen nicht besser zugeht (dem Lehrerzimmer muss ich demnächst echt mal nen eigenen Post widmen), so kann ich mir doch nichts besseres vorstellen. Es macht mir Spaß, wenn eine Klasse, so wie meine 7. in Englisch, eine pädagogische Herausforderung darstellt, und wenn Schüler nicht so leicht zu knacken sind, sondern wenn man erstmal herausfinden muss, wie sie so ticken und wie man sie behandeln muss, damit sie nicht ausrasten und sich am Unterricht beteiligen. Klar, nicht immer gehe ich gerne auf Konfrontation, und es ist wahnsinnig anstrengend, wenn die Schüler alles ausdiskutieren wollen (Noten, Anweisungen, Sitzpläne, Arbeiten, meine Frisur, meine Schuhe, ihr Wochenende), aber meist lache ich innerlich, auch wenn ich gerade meckern muss.


Heute hat zum Beispiel meine 7. Klasse gedacht, ich hätte schlechte Laune. Hatte ich aber gar nicht, ich wollte nur, dass sie das Thema, was wir gerade behandeln (wir sind immer noch bei den Zusammenfassungen von kurzen, sehr kurzen Texten) auch wirklich alle verstehen. Dazu muss natürlich Ruhe in der Klasse herrschen, und die ist gar nicht so einfach herzustellen. Deswegen gings heute auch nicht ohne Nachsitzen: Ich habe für jede verplemperte Minute einen Strich an die Tafel gemalt und den Schülern gesagt: "So, und nach der Stunde sage ich euch den Faktor, mit dem ich die Minuten multipliziere!" ("Hääää, was isn ein Faktor? Was isn multiplizieren?"). Der Faktor erhöhte sich von 1 auf 2, weil außer 2 Schüler niemand seine Hausaufgaben gemacht hat, und von 2 auf 3, weil kaum ein Schüler den Elternbrief mit Unterschrift zurück gebracht hat ("Häää, was für ne Hausaufgabe?", "Hääää, was fürn Brief?"). Also haben wir uns nach der 7. Stunde nochmal für 18 Minuten getroffen und den Unterrichtsstoff nachgearbeitet.


Klar, das klingt erstmal ätzend, ist es aber eigentlich wirklich nicht. Ich will ja nur, dass die Kinder alles so gut wie möglich verstehen, also muss ich auch mal durchgreifen - und darf dabei meinen eigenen Spaß nicht verlieren. Denn ich glaube, dass ich diesen Job gar nicht machen könnte, ohne dabei wirklich Freude zu empfinden, ohne 100% ig hinter dem zu stehen, was ich da täglich veranstalte. Natürlich habe ich auch mal schlechte Tage, und natürlich denke ich auch manchmal, dass alles viel zu viel ist und ich das gar nicht schaffen kann, aber dann ist es auch wieder mal so wie heute, wo man nach 7 Stunden glücklich nach Hause kommt, weil man weiß: Jawoll, das ist genau das, was ich wirklich machen will (und das, obwohl ich heute schon wieder die obernervigste Klasse ever hatte - liebe 9c, ihr seid wirklich anstrengend!!!).

Sonntag, 15. Mai 2011

Freitag der 13.

"Frau Schmidt, heut is Freitag der 13.!" - die Schüler sind anscheinend abergläubisch! Ich aber nicht, deswegen mache ich mir darum überhaupt keine Gedanken und freue mich auf 2 Stunden Sport mit meinen Zehnermädels. Mein Wochenendkurs, wie ich sie auch nenne: In zwei Zehnte Klassen gehen insgesamt nur 12 Mädels. Die durfte ich übernehmen, die Jungen werden zeitgleich von zwei Sportlehrern in der großen Halle unterrichtet. Freitag morgen also, kurz vor dem Wochenende, und diesmal gibts mit 6 Sportlerinnen fast einen Teilnehmerrekord (zwei bis drei sind immer krank und bleiben ganz zu Hause, der Rest hat wahlweise Unterleibsschmerzen, Schwindelgefühle oder sonstwelche Wehwehchen, und zwischen 3 und 6 Schülerinnen machen dann auch mal mit - mehr oder weniger lustlos eigentlich). Weil das Wetter schlecht ist ("Voll kalt!"), steht Hochsprung auf dem Programm. Gesprungen wird nicht der Flop, da ist die Gefahr einer Verletzung zu hoch, sondern wahlweise Scher- oder Wälzersprung. Die Schülerinnen haben die Möglichkeit, ganz viel zu üben, was auch ganz gut klappt. Wir fangen natürlich nicht mit der Hochsprunglatte an, sondern mit einer Gummischnuer, die die Höhe angibt.



Die besten Springerinnen sind Hanna und Ruby. Doch dann passiert es: Bei einer Höhe von 1.10m verpasst Hanna irgendwie den Zeitpunkt des Absprunges, und kommt ganz blöd auf der Matte auf. Sie hat Schmerzen im Nacken-Schulterbereich und kann erstmal nicht aufstehen. Ich habe sofort den Notruf gewählt - man weiß ja bei sowas nie! Zum Glück istHanna nach einem kleinen Schock-und-Schmerz-Heulanfall wieder ganz gut drauf. Als die Rettungssanitäter kommen, kann sie sogar aufstehen und in den Krankenwagen gehen. Die Sanitäter vermuten dasselbe wie ich: Dass die Muskeln sehr stark gestaucht sind und medizinisch nicht viel zu machen ist. Ins Krankenhaus wird Hanna zur Sicherheit trotzdem gebracht - und die übrigen Mädels sind unglaublich aufgebracht, weil ich in der restliche Unterrichtszeit (ca. 30 Minuten) noch darauf bestehe, ein paar Sprünge in die Weitsprunggrube zu üben.

No worries....

....alle Namen der Schüler sind natürlich frei erfunden! Und der Name der Schule ist auch nicht erwähnt. Kein Grund zur Sorge also.
Aber auch wenns manchmal echt abgefahren klingt: alles andere ist tatsächlich auch passiert.
So. Jetzt Unterrichtsvorbereitungen, dann der Beitrag zu meinem persönlichen Freitag den 13.

Mittwoch, 11. Mai 2011

Post-Wandertags-Depressionen

Ein Glück war ich gestern krank geschrieben!!! Gott sei dank war ich NICHT diejenige, die sich mit dieser 7. Klasse öffentlich zeigen musste!!! Die Schüler haben sich so schlimm benommen, dass sie fast rausgeschmissen worden wären. Während der Vorstellung im Planetarium (es war relativ dunkel) rannten die Kinder im Raum umher, klapperten mit ihren riesigen Armringen, unterhielten sich, aßen und machten allen möglichen Scheiß, das man bei 2jährigen vielleicht gerade noch durchgehen lassen, für 13/14jährige aber völlig indiskutabel ist. Die arme Lehrerin, die mit ihnen drinnen war, hat versucht sie ruhig zu halten, was nicht gelungen ist. Kommentar der Mitarbeiter des Planetariums: "Sie tun uns leid!".
Als ich heute morgen davon erfahren habe, war ich erstmal wieder sauer. Und zwar so sehr, dass ich mir den Direktor mitnahm und wir beide in der ersten Stunde wütend in die Klasse gingen, um mal ne ordentliche Ansage zu machen. Der Direktor war auch ganz cool und meinte nur: "So etwas hat es an unserer Schule noch nie gegeben. Im Gegenteil, das Auftreten der Klassen in der Öffentlichkeit war immer einwandfrei. Aber mit euch kann man so etwas nicht mehr machen - beim nächsten Wandertag macht ihr Unterricht!! Und zwar 7 Stunden lang!!!" Ich hab dann auch noch meinen Senf dazu gegeben, von wegen das könne doch nicht sein, was in deren Köpfe vorginge etc...die meisten waren auch einigermaßen bedröppelt, aber Jayden verteidigte die Klasse: "Das war voll langweilig!" Ach soooooo, ne, na dann, das ist ja ganz was anderes, DANN haben sie natürlich jedes Recht, sich so zu benehmen, klar!!! Leider agieren die Kinder nach diesem Motto z.Z. auch im Unterricht - was langweilig ist (also..eigentlich fast alles) wird erstmal abgelehnt. Mal gucken, was das noch wird bis zum Ende des Schuljahres, schließlich stehen jetzt erstmal noch ne Menge Tests und Klausuren an.

Ach ja, noch ein besonderes Schmankerl: Auf die Frage vom Direktor, warum er nicht beim Wandertag gewesen sei, antwortete Carol: "Ich hab meiner Mutter gesagt, dass das Planetarium in Biesdorf ist, da hat sie gesagt, dass ich soweit nicht fahren muss." Das Planetarium ist im Prenzlauer Berg. In der Prenzlauer Allee. Ohne Worte!

Dienstag, 10. Mai 2011

Wandertag

Trotz dem ich krank geschrieben bin, war ich eben kurz beim Planetarium, wo sich meine Klasse heute zum Wandertag trifft. Die Schüler finden das Programm natürlich "voll Baby!!". Klar, Planetarium ist halt super uncool. Und: "Die andern gehn' alle Strandbad und Pankow und so, und wir gehn hier, voll langweilig." Doch obwohl sich die 7.klässler manchmal schon wie 20 fühlen, war es für sie doch eine fast unüberwindbare Hürde, den Weg in die Prenzlauer Allee zu finden. Denn dafür mussten sie die S-Bahn mal in die andere Richtung nehmen und sogar noch umsteigen (ja, 2 Schülerinnen saßen auch in der falschen Ringbahn, sind aber zum Glück gleich an der nächsten Station ausgestiegen und haben mich verzweifelt angrufen). Nachdem bei der Besprechung des Wandertages ganz viele Schüler ankündigten, nicht zu kommen, denn der Weg sei ja viiiiiieeeeel zu weit, und das würden sie nicht finden, da würden sie sich ja auf jeden Fall verlaufen, und warum kommen Sie uns eigentlich nicht abholen, Frau Schmidt (hallo?? Bin ich deren Kindermädchen oder was??), habe ich den Schülern einen Stadt- und S-Bahnfahrplan ausgedruckt. Damit habens dann auch fast alle geschafft.


Ich habe ihnen eine kurze Rede gehalten - von wegen, wenn sie sich nicht benehmen würden, würde ich beim nächsten Wandertag wirklich wandern gehen mit ihnen und so - und habe sie dann mit der anderen Lehrerin reingeschickt. Ach ja, und ich habe ihnen gesagt, dass sie ihre Taschen und Jacken am Empfang abgeben müssten ("Ne!", "Hä, ich geb doch meine Tasche nicht ab!", "Ganz bestimmt nicht.")


Hoffentlich blamieren die sich jetzt nicht. Aber selbst wenn - keiner würde das mit mir in Verbindung bringen.

Montag, 9. Mai 2011

Liebe 7. Klasse: BITTE nehmt den Unterricht ernst!!!

Ich bin sauer! Und zwar richtig sauer!!! Auf meine 7. In der letzten Woche wurde das für die Schüler wirklich schwierige Thema „summary“ eingeführt. Heute sollte die Klasse nun das erste Mal selber ran und eine Zusammenfassung schreiben – Aufstöhnen, Protest, Verweigerung, Rumgeschreie. Alles nichts Neues, die Schüler meckern IMMER, wenn mal wieder eine neue Aufgabe auf sie zukommt. Aber dieses Mal war der Protest nachhaltiger und die Anzahl der Verweigerer („Ich kann das nicht! Also mache ich das auch nicht.“; „Neeee, das ist viel zu schwer!“;“Man Frau Schmidt, das geht nicht.“; „Ist mir egal, ob das in der Klassenarbeit auch rankommt, dann schreib ich eben ne 6.“) war viel zu hoch. Alles Zureden meinerseits („Ihr habt genügend Zeit zum Üben, wir gehen hier ganz kleinschrittig vor, nutzt die Handouts, die ihr bekommen habt, haltet die Reihenfolge ein, versteht erst den Text, bevor ihr losschreibt, bitte bitte fangt nicht sofort an zu schreiben sondern denkt erst mal nach, schreibt nicht den Text ab, sondern benutzt eigene Worte – UND HALTET VERDAMMT NOCHMAL DIE KLAPPE; WENN ICH MIT EUCH REDE!!!“) stießen natürlich auf taube Ohren, sodass ich dann ohne weitere Erklärungen (überflüssig, wenn eh keiner zuhört) die Aufgabe gegeben habe, einen Text zusammen zu fassen. Und dann gleich nach der Schule einen Elternbrief geschrieben, in denen ich diese dazu auffordere, doch mal mit ihren lieben Kleinen zu reden, von wegen: Verweigerung des Unterrichtsstoffes ist ziemlich blöd, weil ja darüber eine Klassenarbeit geschrieben wird und so….vielleicht erreiche ich wenigstens die Eltern. Und wenn nicht, dann können sie sich nachher wenigstens nicht beschweren, wenn der Schnitt der Arbeit nicht besser als 4,5 ist.

Zwei gute Erlebnisse hatte ich aber heute auch noch:
1. Ein 9.klässler, den ich im Sport unterrichte, fragte mich heute sehr stolz: „Können Martin und ich einen Ball bekommen?“ und sah mich erwartungsvoll an. Ich habe sofort geschaltet und ihm zu diesem Satzbau gratuliert, denn seit ich ihn unterrichte, spricht er genauso von „Ich und Martin….“, wie ich ihn verbessere („Martin und ich heißt das!“). Yes, ein pädagogischer Erfolg!!! Hat nur 10 Wochen gedauert, bis er das drauf hatte!


2. Eine 8.klässlerin, die mich durch ihr disziplinloses Benehmen im Unterricht (quatschen, zu spät kommen, trinken..) echt nervt, stand heute vor dem Lehrerzimmer und hat sich bei mir entschuldigt!!! Ja, wirklich!!! Wahrscheinlich hat sie ihr Klassenlehrer unter Androhung irgendeiner Höchststrafe dazu gezwungen, aber trotzdem: Danke, Marcella! Hoffentlich merke ich im Unterricht, dass sie es wenigstens auch ein bisschen ernst meint mit der Entschuldigung.

1. Station: Eine Realschule in Berlin Nord

Die Realschule liegt im Nordwesten in Berlin. Eigentlich nicht in einem Problemkiez, aber Einzugsgebiet ist auch das Märkische Viertel (MV), eine Trabantenstadt mit 50.000 Einwohnern in ca. 17.000 Bewohnern. MV hat keinen besonders guten Ruf (sozialer Brennpunkt und so), was die Kids von dort nicht daran hindert, patriotisch wie der Deutsche beim Weltmeisterschaftsfinale gegen Argentinien.



Und in dieser Schule arbeite ich seit Januar als Vertretungslehrer. Mit 13 Stunden bin ich eingestiegen, mittlerweile arbeite ich 26 Stunden – und krieche nach der Schule förmlich nach Hause und an den Schreibtisch, wo ich dann weiter arbeite. Mit meiner Kombo Sport/Englisch habe ich ja noch Glück – Englisch/Deutsch zu unterrichten klingt nach so viel Arbeit, dass ich es mir lieber gar nicht erst vorstelle.



Also, die Schule. Wie ist die Schule? Nunja, es gibt gerade viele Bauarbeiten, das Lehrerzimmer gleicht eher einem Altersheim, und die Schüler…naja. Am Anfang war ich geschockt über so viel Disziplin- und Respektlosigkeit. Aber inzwischen – zum Glück gewöhnt sich der Mensch an vieles.

Gestern war wieder so ein Tag: Freitags bin ich nur für 3 Stunden an der Schule (I like): Erst zweimal Sport mit den Mädels aus den 10., dann einmal Englisch in der 8.
Vorgestern hatte ich mit den drei anderen Sportlehrern (ja, der Fachbereich Sport ist unterbesetzt; ja, wir haben Schwierigkeiten, allen Klassen die ihnen zustehenden 3 Sportstunden in der Woche zu gewährleisten; nein, wir können nicht getrennt geschlechtlich unterrichten und ja, wir finden das doof und die Schüler erst recht) der Schule beschlossen, die Schüler in der großen Halle spielen zu lassen und in der kleinen Halle Hochsprung durchzuführen. Beim Aufbau der Hochsprunganlage sollten mir die sportbefreiten Schüler helfen, die unmotiviert wie immer in die Halle geschlurft kamen und sich sofort auf die Bank setzten. Und natürlich erst mal gaaaaaaar nicht reagierten, als ich sie dazu aufforderte, eine Weichbodenmatte zu holen. Auch beim zweiten und dritten Mal taten sie, als sei ich gar nicht vorhanden. Weil es mir eh nicht gut ging (Angina, wie sich später herausstellte), hatte ich auf Konfrontation ausnahmsweise mal keinen Bock und ließ die Jungs einfach sitzen. Zum Glück kam mein Sportlehrerkollege, der die Schüler sogar beim Namen kannte (ich hab ja normalerweise nur die Mädels), und half mir. „Aber das mach‘ ich nur für Sie, für Frau Schmidt würd ich das nie machen!“…..jaaaaa Markus, wie oft haben wir das schon gehört?! (Ich hab mich nämlich tatsächlich mal dazu erdreistet, ihn nach dem Sportunterricht zum Aufräumen der Halle aufzufordern und bin mit ihm, als er sich standhaft weigerte, zum Direx gegangen, wo er dann ordentlich Ärger bekommen hat).

Englisch lief super. Weil der stellvertretende Schulleiter mit drin saß, sonst geht mir die Klasse über Tische und Stühle.

Hab ich schon erwähnt, dass ich das Lehrer-Dasein unglaublich toll finde, und dass ich mir keinen besseren Job vorstellen kann?!