Der Lehrer



"Wahrscheinlich gibt es nicht viele Berufe, an die die Gesellschaft so widersprüchliche Anforderungen stellt:

Gerecht soll er sein, doch taktvoll auf jedes Kind eingehen, Begabungen wecken, pädagogische Erziehungsdefizite der Elternhäuser ausgleichen, Sucht-Prophylaxe und Aids-Aufklärung betreiben, auf jeden Fall den Lehrplan einhalten, wobei hochbegabte Schüler und Schülerinnen gleichermaßen zu berücksichtigen sind wie begriffsstutzige. Mit einem Wort:

Der Lehrer hat die Aufgabe, eine Wandergruppe mit Spitzensportlern und Behinderten bei Nebel durch unwegsames Gelände in nord-südlicher Richtung zu führen, und zwar so, dass alle bei bester Laune und möglichst gleichzeitig an drei verschiedenen Orten ankommen."


(Prof. Müller-Limmroht, "Züricher Weltwoche", 02.06.1988)




Dienstag, 31. Mai 2011

Todeswarm

Sport in der ersten Stunde mit der 7. Seit fast einem halben Schuljahr haben wir JEDEN Dienstag in der ersten Stunde Sport, und genauso lange vergessen die Schüler Montag Nachmittag ihre Turnsachen in ihrem Klassenraum. Das bedeutet, dass ich jeden Dienstag entweder für ne halbe Stunde meinen Schlüssel aus der Hand gebe oder mit jedem Schüler selbst zum Klassenraum latsche, aufschließe und wieder abschließe, wenn der Turnbeutel da ist. Heute morgen haben die ersten Mädels schon vor dem Lehrerzimmer gewartet: "Frau Schmidt, können Sie uns die Klasse aufschließen?"


Wenn dann endlich endlich alle Schüler umgezogen und in der Halle sind, kommt der erste Verspätete und klopft an die Hallentür. Aufschließen, warten, abschließen. In der Halle ("Das ist doch ohne Sinn, dass wir uns in der Halle treffen, wenn wir eh rausgehn, Frau Schmidt!") mache ich die Anwesenheit. Währenddessen kommt Zuspätkommer Nr. 2 angeschlurft. Wir gehen auf den Sportplatz, wo ich die letzten Jungen im Weitsprung prüfen will, während die Mädchen sich mit Badmintonspielen, Volleyball oder Frisbee beschäftigen sollen. Das tun sie nicht, auch nicht nach mehrmaliger Aufforderung, sondern sie stehen in einer Ecke und quatschen. Gut, ich konnte mich darum nicht kümmern, weil ich die Jungen an der Backe habe. Nachdem das Einspringen verweigert wurde, habe ich sofort mit der Leistungskontrolle begonnen. "Man Frau Schmidt, ich hasse das! Das ist überwarm hier, und wir müssn Weitspringen. Wie dumm ist das denn!!!", "Schon wieder übertreten. Sie sind Schuld!", "Oah, ich raste gleich aus. Ich mag Sie nicht mehr, Frau Schmidt.". Während ich also versuche, die Jungs in Schach zu halten und zu guten Note zu animieren, schlurfen Zuspätkommer Nr. 3 und 4 an. Ohne Sportsachen - ein Glück, das erspart die Schließerei. Plötzlich, 20 Minuten zu spät und ohne einen Ton zu sagen, steht Laureen vor mir. Sie sieht mich erwartungsvoll an und schweigt. "Guten Morgen, Laureen!" - "...." - "GUTEN MORGEN" - "Morgn." - "Ja, und, was ist? Du bist zu spät!" - "Mh." - "Warum?" - "Darum." - "Na dann los, geh dich umziehen, und beeil dich dabei!" Den Schlüssel bekommt sie von mir. 15 Minuten später ist Laureen immer noch nicht da. Genausowenig wie Lena. Ich bitte Greta, die zwei zu suchen. "Die chilln da hinten um die Ecke." - "Na dann los, hole sie doch bitte mal!" - "Mh...". Nachdem Laureen, Lena und Greta mit Händen in der Tasche und einer provozierenden Langsamkeit auf den Platz geschlurft kommen, ist die Stunde fast um. Trotzdem: Alle Mädchen laufen jetzt noch die 800 Meter auf Note, die haben sich ja in der Stunde nicht bewegt, da brauchen sie noch ein bißchen Auslauf. "Ohhaaaa, Frau Schmidt, es ist todeswarm. Ne, ich lauf jetzt bestimmt nicht." Am Ende haben sich alle doch ein kleines bißchen angestrengt und ich habe die Sportstunde überstanden! (Es war übrigens wirklich warm. Aber nur überwarm, todeswarm wurde es erst so gegen 10 Uhr - und da hatte ich zum Glück kein Sport mehr).

Montag, 30. Mai 2011

Hitzefrei

Nach der 2. Stunde schleppte ich mich nach Luft schnappend ins Lehrerzimmer und konnte nur noch flüstern: "Haben wir eine Chance auf hitzefrei heute??". Ich war nämlich eben mit meiner 7. im Wald gewesen. Ja, im Wald. Mit den Großstadtkindern. Sie hatten sich so tapfer durch die Englischklassenarbeit geackert und 60 Minuten geschrieben, sodass ich beschlossen habe, uns allen die letzten 30 Minuten unserer Doppelstunde frei zu geben und uns mit einem Spaziergang in den Wald, der direkt hinter unserer Schule anfängt (ja, sowas gibts, sogar in Berlin) zu gönnen. Die Kinder waren ganz froh, rauszukommen. Konnten sie natürlich nicht so zeigen: "Boah, Frau Schmidt, warum denn inn Wald? Da sind doch über die vielen Mücken!" Volkan jammerte: "Ey voll dumm hier. Da würd ich lieber Englisch machn...", konnte sich aber im nächsten Moment nicht mehr auf seine Beschwerde konzentrieren, weil er eine ausgelassene Tannenzapfenschlacht mit Gilian, Cem, Hassan, Lukas und Benni begann. Süß, wie die Jungs gekreischt haben dabei. Karomitk, Sahra, Emmi und Caromitc bilden mit mir das Schlusslicht der Truppe. Eigentlich hatte ich vor, die Kinder über die News aus ihrer Szene zu befragen, interessiert mich ja immer, sowas. Aber die vier waren viel zu beschäftigt damit, den letzten Streit mit ihrer Klassenkameradin Charly zu analysieren, die vorne lief und uns durch ihr lautes Rumschreien nicht verloren gehen konnte. "Frau Schmidt, ich bin ganz vermückt!", gesellte sich Johannes neben mich. Aber da es eh Zeit war, umzukehren, würgte ich diese erneute Beschwerden-Attacke ab und bließ zum Rückmarsch.

Isa und Melli riefen mich übrigens über das Handy von Cem an: "Frau Schmidt, wir hams nich geschafft, wir sind noch in der Schule." - "Wieso ward ihr nicht an der Turnhalle, wo wir uns treffen wollten?" - "Warn wir ja, aber da war keiner!". Naja, Abzüge muss man immer machen, aber insgesamt habe ich mich über die 7. heute gefreut - auch, weil die Klausur mit einem Schnitt von 2,74 super gut war!

Den Rest des Tages habe ich auf dem glühend heißen Sportplatz verbracht und meinen 9. gnädig den 1000m Lauf erlassen. Stattdessen haben wir den 100m Sprint wiederholt, und zu Abkühlung durften dann alle unter den Rasensprenger. Schön war das - für die Schüler. Ich hab mich totgeschwitzt und war froh, dass dann die 7. Stunde ausgefallen ist. Hitzefrei! Und ja, darüber freut man sich als Lehrer tatsächlich genauso doll wie als Schüler!

Freitag, 27. Mai 2011

Totalausfall

Man soll den Tag nicht vor dem Abend loben, die Woche nicht vor dem Freitag und Schüler anscheinend gar nicht. Denn nach dem ganzen Lobsgedusel haben die Lieben sich heute einfach mal total verweigert. Eigentlich laufen die zwei Stunden Sport mit den 10. am Freitag so: Ich übernehme die insgesamt 12 Mädels, von denen im Schnitt 4 bis 6 Sport machen (die anderen sind krank oder flüstern mir im Vertrauen zu, dass sie schon wieder "ganz schlimm" ihre Tage haben). Mit den Sportlerinnen ziehe ich dann den Unterricht durch, die anderen sind nett und helfen mir (z.B. beim Weitsprung), oder wir hören Musik in der Halle und die Sportlerinnen laufen den Cooper-Test und die anderen klären mich über den neuesten Shit aus der Welt der 16jährigen auf - ganz gemütlich also. Eigentlich. Denn heute war meine Kollegin Sabrina krank, die zusammen mit Micha die Jungen der 10. übernimmt. Also mussten die Mädels mit den Jungen zusammen Sport machen (das ist übrigens immer wieder Grund für heftigste Beschwerden, weil die Jungen über die Mädels lästern, sobald die anfangen, sich zu bewegen. Nur Jenny bricht in Jubel aus - sie ist in 2 Jungen verknallt und kann hat ein Dauersportattest - zum gucken geht sie gerne rüber zu den Jungs!). Weil heute die letzten Sportstunden vor dem Zensurenschluss waren, brauchten wir die letzten Noten für die 1000m, Weitsprung und Kugel. Eine Klasse hat sich nach dieser Ansage sofort zu einem spontanen Sitzstreik entschlossen und ist in der Turnhalle sitzengeblieben. Die andere Klasse ist zwar immerhin auf den Platz gekommen, ging aber, statt sich warm zu laufen, geschlossen einmal gemütlich die Sportplatzrunde spazieren. Ich hätte ihnen fast noch Zigaretten und Bier angeboten, so chillig sah das aus!
Micha und ich kamen sehr schnell zu dem Entschluss, dass wir sofort handeln mussten, um unser Gesicht nicht zu verlieren. Also alle Schüler wieder rein, umziehen, und ab in die Klassenräume, wo sie einen Test schreiben mussten, der eingesammelt und benotet wurde. Die Fragen waren nicht schwer, aber was die Schüler da so zusammen geschrieben haben...Und natürlich wurde sich ungeheuerlich beschwert, geschrien, wir Lehrer als "unfähig" beschimpft und, als sie glaubten, wir hörten sie nicht, aufs Übelste beleidigt. So etwas braucht kein Mensch so kurz vor dem Wochenende!!!

Dafür lief mein Englischunterricht in der 8. heute etwas besser. Die 8c ist im Moment meine Problemklasse - ich kann mich gegen die Schüler einfach nicht durchsetzen und habe das Gefühl, vom Unterrichtsstoff kommt bei denen gar nichts an. Also habe ich heute noch einmal gefragt, was eigentlich los mit ihnen sei. Und siehe da: Sie fühlen sich überfordert, finden den Unterricht überschwer und das über die Gemeinheit, dass sie, nachdem ihre Englischlehrerin so lange ausgefallen war, auf einmal so voll viel Unterricht machen müssen unso. Naja, ich habe versucht, die Themen für die Klassenarbeit noch einmal möglichst einfach zu erklären, wobei mindestens 5 Schüler immer irgendwie rumgehampelt haben. Immerhin, besser 5 als 25 - Frau Schmidt merkt einen Fortschritt und ist, fürs erste, mal ganz zufrieden. Und jetzt: WOCHENENDE!!!

Donnerstag, 26. Mai 2011

Love is in the Air

Also das war doch mal eine wirklich gute Woche! Nach dem schönen Anfang gings echt super weiter. Dienstag war kurz wie immer, und ich hatte eine Vertretungsstunde in der 8., die ich auch in Englisch habe und die im Moment echt schwierig sind. Aber Sport war super, da haben sie Fußball gespielt, Räder geschlagen und mir allerlei erzählt. Unter anderem habe ich erfahren, dass Hip-Hop über die geile Musik ist und die In-Bands GMZ (Grüne Medizin) und Haftbefehl heißen. Sido und Bushido sind dagegen über lame....naja, wieder was gelernt.

Gestern hatte ich Vertretung in einer 10. Klasse - ich sollte Physik unterrichten! Zum Glück hatte die Physiklehrerin der Klasse die gute Idee, die Schüler einen Kurzvortrag erarbeiten zu lassen - zum Thema "Horizontalachsenwindkrafträder"...oder so ähnlich, jedenfalls ein hammerlanges Wort, mit dem man gut Hangman spielen könnte. An den Laptops. Es war super - ruhig, alle haben intensiv gearbeitet, ich war entspannt (kann auch daran liegen, dass, weil die MSA Prüfungen durch sind, ca. 8-10 Schüler fehlten). Nur Laurens fühlte sich nicht ganz wohl. Er war dabei, so ein Windrad abzumalen und zu beschriften, während sich Andy (mit A gesprochen - gaaaanz wichtig) schonmal den Infotext am selben PC durchlas. Damit hatte aber Laurens ein Problem: "Lass das doch jetzt mal, dein Fenster verdeckt meins, ich muss das hier abmalen!" - "Ja, aber an der Stelle, wo dein Fenster verdeckt ist, ist doch weiß. Da ist doch gar nichts!" - "Aber ich fühle mich nicht wohl dabei." - "Du fühlst dich nicht wohl dabei???" Hier mischt sich Volkan ein und pflichtet Laurens bei: "Ich verstehe dich, ich fühle mich dabei auch immer nie wohl." - hach, was habe ich doch für sensible Schüler!

Heute dann 7 Stunden. Das Highlight war Englisch in der 7. Die Schüler waren, in Vorbereitung auf die Klassenarbeit, mit Stillarbeit beschäftigt. "Ey Gilian, rasierst du dir eigentlich die Beine?" - Charly, die kann nie lange die Klappe halten. Die anderen, froh über diese Abwechslung, beteiligten sich sofort rege. Als ich sie unterbrechen will: "Ey Frau Schmidt, wir reden über Hygiene, dass is wichtich!!" - auf mein Angebot, ausgiebigst darüber zu diskutieren, allerdings auf Englisch, gingen sie nicht ein. Es herrschte wieder Ruhe in der Klasse, bis: "Ey Frau Schmidt, die habn über die geilen Beine find ich!" Danke für das Kompli, Isa! Bin gespannt, über welche Themen wir im nächsten Englischunterricht diskutieren werden. Hab ich nicht nette Schüler?!

Montag, 23. Mai 2011

3 Tages-WOWs

Heute haben mich fast alle Klassen total umgehauen. In den ersten beiden Stunden hat die 7. so dermaßen diszpliniert gearbeitet, dass außer gelegentliches Schnaufen, Nasehochziehen und Füßescharren nichts zu hören war und ich völlig entspannt am Lehrertisch saß und mich am Anblick der Fleißigen um mich herum freute. Und das an einem Montag Morgen!!! Und als wir dann Wörtererkennen gespielt haben (Buchstaben durcheinandergewürfelt, aus denen das Wort erkannt werden musste), haben sie sich wirklich wirklich angestrengt und waren mit Eifer bei der Sache. Das war das erste Tages-Wow.

Die nächsten drei Stunden (Sport, 9.) waren dann auch okay, die Schüler haben ganz gut mitgearbeitet, nur wenige Ausfälle, mehr erwarte ich nicht. Aber dann der KNÜLLER: Zwei Stunden Sport mit der 9b, normalerweise der größte Nerv-Faktor am Montag. Nur ein Schüler war sportbefreit wegen einer eckligen Fleischwunde am Arm, mit der er mir schon in der Pause vor dem Gesicht herum gewedelt hatte. Alle anderen Schüler waren mit dabei. Ja, auch die Mädchen! Zweites Tages-Wow. Wir haben mit 100m Lauf angefangen, und obwohl es schon ziemlich warm war und die Sonne ein bißchen geschienen hat, habe ich auf eine vernünftige Erwärmung bestanden, damit sich keiner weh tut und so ("Hä, wieso, is doch warm, da brauchn wir doch nich mehr warmlaufen!"). Aber als Abdul und Ben im 3. Rennen gerade um Platz 1 kämpfen, hält sich Ben auf einmal schreiend sein Bein und stürzt zu Boden. Offensichtlich mit großen Schmerzen hat er sich auf dem Boden gewälzt und konnte das Bein nicht mehr auftreten. In der Leistengegend hatte es "geknallt"!! Schon wieder!!! Ich weiß nicht, was in meinem Sportunterricht los ist. Ich kürz mal ab: Krankenwagen gerufen, Notarzt mit Tatütata auf dem Sportplatz für Action gesorgt, Vermutung der Erstretter: Leistenbruch, Abtransport mit Blaulicht. Das wirklich Verblüffende passiert aber währenddessen: Ich hatte, bevor der Krankenwagen kam, noch die Leistungskontrolle 100m abgeschlossen und schonmal mit dem Weitsprung angefangen. Und während ich mit den Sanitätern sprach, Bens Schultasche besorgte etc. haben die Schüler die Leistungskontrolle Weitsprung weiter durchgeführt. ALLEINE!!! Verrückt, oder?! Das war das dritte und größte Tages-WOW. Ich war total platt und ganz gerührt, als Aygül nach der Stunde verkündete: "Ich hab sie ganz ganz doll lieb, Frau Schmidt!" - jaaa, ich euch auch, liebe Schüler.

Samstag, 21. Mai 2011

Déjà-vu?

In den letzten Tagen konnte ich nicht schreiben, weil die Freundin D. da war und mich abgelenkt hat. Dabei ist schon wieder sooo viel passiert!

Der Donnerstag ist mein anstrengenster Tag: 7 Stunden, und nicht mal eine Doppelstunde, das heißt: abwechselnder Unterricht im Klassenraum und auf dem Sportplatz und fast stündliches Wechseln von Sport- zu Englischklamotten. Der Sportunterricht ist zur Zeit ein wenig anstrengend, weil wir in ein paar Wochen Zensurenschluss haben und noch nicht so viel geschafft haben. Das bedeutet: Leistungskontrollen im Akkord, in jeder Stunde muss ich Noten geben. Meine 10. habe ich trotz der Wärme einen Cooper-Test laufen lassen. Danach hatten die Schüler aber Pause - sie durften sich im Schatten erholen und wieder zu Kräften kommen vor der nächsten Stunde (erfreulicherweise hatten einige Jungen trotzdem Bock auf Bewegung und haben Fußball gespielt). Asryn und ihre Freundinnen Merle und Caro turnten auf diesen Barrieren herum, die es oft an Sportplätzen gibt. Asryn schrie auf einmal auf und hielt sich ihre Hüfte. Sie war gerade von der Barriere runtergerutscht, hatte sich irgendwie komisch zur Zeite gebeugt (sie wusste später selbst nicht mehr, was genau sie da gemacht hatte) und hatte nun furchtbare Schmerzen. Sie konnte kaum auftreten und hat den Weg zur Umkleidekabine nur mit meiner Hilfe geschafft. Weil ihre Mama arbeiten war und ihr Papa ohne Auto zu Hause, konnte sie auch nicht wirklich abgeholt werden - also habe ich den Krankenwagen gerufen. Zum 2. mal innerhalb einer Woche und zum 3. mal im Halbjahr (beim ersten Mal war eine Schülerin einfach so ohnmächtig geworden - sie war sportbefreit, saß auf der Bank und lag auf einmal auf dem Boden...). Asryn hatte protestiert, aber anders wäre sie nicht von der Schule weggekommen - und solche Hüftschmerzen wollte ich dann doch lieber abgeklärt wissen. 3 Krankenwagen mit Blaulicht machten sich auf den Weg zu unserer Schule - da war Action angesagt (so einen Wind machen die immer, es könnte ja wirklich etwas Schlimmes passiert sein)!! Nebenbei hatte ich eigentlich noch eine Sportstunde, aber die Schüler waren auf dem Sportplatz mehr oder weniger auf sich allein gestellt und haben zum Glück ausnahmsweise mal keinen Scheiß gemacht sondern waren eigentlich recht vernünftig.

Am Freitag hatte die Klasse von Asryn mündliche MSA Englisch-Prüfung. Ich war Protokollantin und sehr erleichtert, als ich Asryn auf Krücken angehumpelt kommen sah. Wenigstens war es nicht so ernst, dass sie im Krankenhaus bleiben musste! Leider hatte sie gar keine richtige Diagnose bekommen. Sie wurde zwar von allen möglichen Geräten durchleuchtet worden, aber die Ärzte waren ratlos, was da passiert sein konnte. Jetzt soll sie zum Unfallarzt, mal sehen, ob der was weiß...

Ansonsten waren die mündlichen MSA Prüfungen wirklich interessant. Folgende Dinge habe ich über die 10.Klässler rausgefunden:


1. Geld verdienen ist ihnen furchtbar wichtig. Alle, die nach ihren Vorstellungen über ihre Zukunft oder ihre Traumjobs antworteten, dass sie wahlweise ein großes Haus/zwei Autos/viel Geld haben wollten.

2. Nach ihren Urlaubsplänen befragt antworteten ausnahmslos alle Jungen: Alkohol trinken, Spaß haben, feiern gehn. Und mit den "Chicks" flirten.

3. Die allergrößten Machotypen werden ganz klein, wenn sie ein oder zwei Sätze auf Englisch sagen sollten. Niedlich!


Mittwoch, 18. Mai 2011

"Kein Bock auf son Scheiß!"

Sport mit der 9. Die Schüler fragen schon in der Pause aufgeregt, was wir heute machen und antworten auf meine Ansage "Wir üben den 100m Lauf." mit "Och neeeee, könn wir nich ma Football spieln?"


Am Unterricht nehmen von 29 Schülern dann 12 teil - 7 Jungen und 5 Mädchen. Die anderen sind entweder krank (einer) oder haben das Sportzeug vergessen (3) oder haben einfach keinen Bock "auf so einen Scheiß" (der ganze Rest). Weil die Schüler finden, dass sie im Sportunterricht viel zu viel Leichtathletik machen und darauf überhaupt keine Lust haben, ziehen sie sich eben nicht um. Oder sie haben das Sportzeug zwar an, antworten auf meine Frage, warum sie dann nicht mitlaufen aber: "Weil ich keine Lust hab. Ich mach nich mit." Ein Glück, dass ich mich darüber nur ein bißchen aufrege. Dann gibts eben für die Leistungsverweigerung eine 6 und einen Klassenbucheintrag (bei drei Einträgen gibt es einen Tadel). Und ich kann ganz entspannt und in Ruhe mit den anderen Schülern den Sportunterricht durchführen. Für mich bedeutet diese Verweigerung viel weniger Stress und Arbeit - und wenn ich mich darüber nicht mehr aufrege, weil ich diesen Quatsch schon so oft erlebt habe, dann ist das eh auch besser für mein Herz und so...ehrlich, würde ich mich darüber aufregen, dann käme ich aus der ganzen Aufregung gar nicht mehr raus!

Post-Wandertags-Depressionen

Ein Glück war ich gestern krank geschrieben!!! Gott sei dank war ich NICHT diejenige, die sich mit dieser 7. Klasse öffentlich zeigen musste!!! Die Schüler haben sich so schlimm benommen, dass sie fast rausgeschmissen worden wären. Während der Vorstellung im Planetarium (es war relativ dunkel) rannten die Kinder im Raum umher, klapperten mit ihren riesigen Armringen, unterhielten sich, aßen und machten allen möglichen Scheiß, das man bei 2jährigen vielleicht gerade noch durchgehen lassen, für 13/14jährige aber völlig indiskutabel ist. Die arme Lehrerin, die mit ihnen drinnen war, hat versucht sie ruhig zu halten, was nicht gelungen ist. Kommentar der Mitarbeiter des Planetariums: "Sie tun uns leid!".
Als ich heute morgen davon erfahren habe, war ich erstmal wieder sauer. Und zwar so sehr, dass ich mir den Direktor mitnahm und wir beide in der ersten Stunde wütend in die Klasse gingen, um mal ne ordentliche Ansage zu machen. Der Direktor war auch ganz cool und meinte nur: "So etwas hat es an unserer Schule noch nie gegeben. Im Gegenteil, das Auftreten der Klassen in der Öffentlichkeit war immer einwandfrei. Aber mit euch kann man so etwas nicht mehr machen - beim nächsten Wandertag macht ihr Unterricht!! Und zwar 7 Stunden lang!!!" Ich hab dann auch noch meinen Senf dazu gegeben, von wegen das könne doch nicht sein, was in deren Köpfe vorginge etc...die meisten waren auch einigermaßen bedröppelt, aber Jayden verteidigte die Klasse: "Das war voll langweilig!" Ach soooooo, ne, na dann, das ist ja ganz was anderes, DANN haben sie natürlich jedes Recht, sich so zu benehmen, klar!!! Leider agieren die Kinder nach diesem Motto z.Z. auch im Unterricht - was langweilig ist (also..eigentlich fast alles) wird erstmal abgelehnt. Mal gucken, was das noch wird bis zum Ende des Schuljahres, schließlich stehen jetzt erstmal noch ne Menge Tests und Klausuren an.

Ach ja, noch ein besonderes Schmankerl: Auf die Frage vom Direktor, warum er nicht beim Wandertag gewesen sei, antwortete Carol: "Ich hab meiner Mutter gesagt, dass das Planetarium in Biesdorf ist, da hat sie gesagt, dass ich soweit nicht fahren muss." Das Planetarium ist im Prenzlauer Berg. In der Prenzlauer Allee. Ohne Worte!

Dienstag, 17. Mai 2011

Der kurze Dienstag

Hanna geht es gut!!! Hanna war die 10klässlerin, die am Freitag in meinem Unterricht beim Hochsprung verunglückt ist und vom Krankenwagen abgeholt werden musste. Heute habe ich sie in der Pause getroffen und war heilfroh, sie ohne Halskrause wie gewohnt um die Jungs rumspringen sah. Sie hat wohl eine Schulterprellung, die in ungefähr 3 Wochen ausgeheilt sein wird und muss weder die Halskrause tragen noch irgendwelche Medikamente nehmen. Na ein Glück!


Deswegen hab ichs heute direkt nochmal versucht mit dem Hochsprung: Ich hatte zwei 7. Klassen hintereinander und deswegen hat es sich einigermaßen gelohnt, die Anlage aufzubauen. Die Kinder waren, als sie in die Halle kamen, nicht gerade begeistert ("Was machn wir heut? Hochsprung? Scheeeeeeiiiiiißääää!", "Das ist ohne Sinn, Frau Schmidt."), aber dann hats ihnen doch Spaß gemacht (jajaja, die Kleinen, manchmal muss man sie zu ihrem Glück zwingen). Danach noch eine Stunde Englisch in meiner 7., und dann war der Schultag auch schon vorbei. Genau wie dieser Post jetzt....

Montag, 16. Mai 2011

Macht das eigentlich noch Spaß?!

Ich glaub, ich sollte hier mal was Positives reinschreiben. Die Leute bemitleiden mich ja schon, nachdem sie meinen Blog gelesen haben und fangen an zu fragen, ob ich überhaupt Spaß habe am Lehrerleben. Zu dieser Frage gibt es nur eine richtige Antwort: JAAAA, und wie (und das ist jetzt ausnahmsweise mal keine Ironie). Auch wenn die Schüler natürlich manchmal nervig, anstrengend und einfach dooooooof sind, und auch wenns im Lehrerzimmer zuweilen nicht besser zugeht (dem Lehrerzimmer muss ich demnächst echt mal nen eigenen Post widmen), so kann ich mir doch nichts besseres vorstellen. Es macht mir Spaß, wenn eine Klasse, so wie meine 7. in Englisch, eine pädagogische Herausforderung darstellt, und wenn Schüler nicht so leicht zu knacken sind, sondern wenn man erstmal herausfinden muss, wie sie so ticken und wie man sie behandeln muss, damit sie nicht ausrasten und sich am Unterricht beteiligen. Klar, nicht immer gehe ich gerne auf Konfrontation, und es ist wahnsinnig anstrengend, wenn die Schüler alles ausdiskutieren wollen (Noten, Anweisungen, Sitzpläne, Arbeiten, meine Frisur, meine Schuhe, ihr Wochenende), aber meist lache ich innerlich, auch wenn ich gerade meckern muss.


Heute hat zum Beispiel meine 7. Klasse gedacht, ich hätte schlechte Laune. Hatte ich aber gar nicht, ich wollte nur, dass sie das Thema, was wir gerade behandeln (wir sind immer noch bei den Zusammenfassungen von kurzen, sehr kurzen Texten) auch wirklich alle verstehen. Dazu muss natürlich Ruhe in der Klasse herrschen, und die ist gar nicht so einfach herzustellen. Deswegen gings heute auch nicht ohne Nachsitzen: Ich habe für jede verplemperte Minute einen Strich an die Tafel gemalt und den Schülern gesagt: "So, und nach der Stunde sage ich euch den Faktor, mit dem ich die Minuten multipliziere!" ("Hääää, was isn ein Faktor? Was isn multiplizieren?"). Der Faktor erhöhte sich von 1 auf 2, weil außer 2 Schüler niemand seine Hausaufgaben gemacht hat, und von 2 auf 3, weil kaum ein Schüler den Elternbrief mit Unterschrift zurück gebracht hat ("Häää, was für ne Hausaufgabe?", "Hääää, was fürn Brief?"). Also haben wir uns nach der 7. Stunde nochmal für 18 Minuten getroffen und den Unterrichtsstoff nachgearbeitet.


Klar, das klingt erstmal ätzend, ist es aber eigentlich wirklich nicht. Ich will ja nur, dass die Kinder alles so gut wie möglich verstehen, also muss ich auch mal durchgreifen - und darf dabei meinen eigenen Spaß nicht verlieren. Denn ich glaube, dass ich diesen Job gar nicht machen könnte, ohne dabei wirklich Freude zu empfinden, ohne 100% ig hinter dem zu stehen, was ich da täglich veranstalte. Natürlich habe ich auch mal schlechte Tage, und natürlich denke ich auch manchmal, dass alles viel zu viel ist und ich das gar nicht schaffen kann, aber dann ist es auch wieder mal so wie heute, wo man nach 7 Stunden glücklich nach Hause kommt, weil man weiß: Jawoll, das ist genau das, was ich wirklich machen will (und das, obwohl ich heute schon wieder die obernervigste Klasse ever hatte - liebe 9c, ihr seid wirklich anstrengend!!!).

Sonntag, 15. Mai 2011

Freitag der 13.

"Frau Schmidt, heut is Freitag der 13.!" - die Schüler sind anscheinend abergläubisch! Ich aber nicht, deswegen mache ich mir darum überhaupt keine Gedanken und freue mich auf 2 Stunden Sport mit meinen Zehnermädels. Mein Wochenendkurs, wie ich sie auch nenne: In zwei Zehnte Klassen gehen insgesamt nur 12 Mädels. Die durfte ich übernehmen, die Jungen werden zeitgleich von zwei Sportlehrern in der großen Halle unterrichtet. Freitag morgen also, kurz vor dem Wochenende, und diesmal gibts mit 6 Sportlerinnen fast einen Teilnehmerrekord (zwei bis drei sind immer krank und bleiben ganz zu Hause, der Rest hat wahlweise Unterleibsschmerzen, Schwindelgefühle oder sonstwelche Wehwehchen, und zwischen 3 und 6 Schülerinnen machen dann auch mal mit - mehr oder weniger lustlos eigentlich). Weil das Wetter schlecht ist ("Voll kalt!"), steht Hochsprung auf dem Programm. Gesprungen wird nicht der Flop, da ist die Gefahr einer Verletzung zu hoch, sondern wahlweise Scher- oder Wälzersprung. Die Schülerinnen haben die Möglichkeit, ganz viel zu üben, was auch ganz gut klappt. Wir fangen natürlich nicht mit der Hochsprunglatte an, sondern mit einer Gummischnuer, die die Höhe angibt.



Die besten Springerinnen sind Hanna und Ruby. Doch dann passiert es: Bei einer Höhe von 1.10m verpasst Hanna irgendwie den Zeitpunkt des Absprunges, und kommt ganz blöd auf der Matte auf. Sie hat Schmerzen im Nacken-Schulterbereich und kann erstmal nicht aufstehen. Ich habe sofort den Notruf gewählt - man weiß ja bei sowas nie! Zum Glück istHanna nach einem kleinen Schock-und-Schmerz-Heulanfall wieder ganz gut drauf. Als die Rettungssanitäter kommen, kann sie sogar aufstehen und in den Krankenwagen gehen. Die Sanitäter vermuten dasselbe wie ich: Dass die Muskeln sehr stark gestaucht sind und medizinisch nicht viel zu machen ist. Ins Krankenhaus wird Hanna zur Sicherheit trotzdem gebracht - und die übrigen Mädels sind unglaublich aufgebracht, weil ich in der restliche Unterrichtszeit (ca. 30 Minuten) noch darauf bestehe, ein paar Sprünge in die Weitsprunggrube zu üben.

No worries....

....alle Namen der Schüler sind natürlich frei erfunden! Und der Name der Schule ist auch nicht erwähnt. Kein Grund zur Sorge also.
Aber auch wenns manchmal echt abgefahren klingt: alles andere ist tatsächlich auch passiert.
So. Jetzt Unterrichtsvorbereitungen, dann der Beitrag zu meinem persönlichen Freitag den 13.

Mittwoch, 11. Mai 2011

Post-Wandertags-Depressionen

Ein Glück war ich gestern krank geschrieben!!! Gott sei dank war ich NICHT diejenige, die sich mit dieser 7. Klasse öffentlich zeigen musste!!! Die Schüler haben sich so schlimm benommen, dass sie fast rausgeschmissen worden wären. Während der Vorstellung im Planetarium (es war relativ dunkel) rannten die Kinder im Raum umher, klapperten mit ihren riesigen Armringen, unterhielten sich, aßen und machten allen möglichen Scheiß, das man bei 2jährigen vielleicht gerade noch durchgehen lassen, für 13/14jährige aber völlig indiskutabel ist. Die arme Lehrerin, die mit ihnen drinnen war, hat versucht sie ruhig zu halten, was nicht gelungen ist. Kommentar der Mitarbeiter des Planetariums: "Sie tun uns leid!".
Als ich heute morgen davon erfahren habe, war ich erstmal wieder sauer. Und zwar so sehr, dass ich mir den Direktor mitnahm und wir beide in der ersten Stunde wütend in die Klasse gingen, um mal ne ordentliche Ansage zu machen. Der Direktor war auch ganz cool und meinte nur: "So etwas hat es an unserer Schule noch nie gegeben. Im Gegenteil, das Auftreten der Klassen in der Öffentlichkeit war immer einwandfrei. Aber mit euch kann man so etwas nicht mehr machen - beim nächsten Wandertag macht ihr Unterricht!! Und zwar 7 Stunden lang!!!" Ich hab dann auch noch meinen Senf dazu gegeben, von wegen das könne doch nicht sein, was in deren Köpfe vorginge etc...die meisten waren auch einigermaßen bedröppelt, aber Jayden verteidigte die Klasse: "Das war voll langweilig!" Ach soooooo, ne, na dann, das ist ja ganz was anderes, DANN haben sie natürlich jedes Recht, sich so zu benehmen, klar!!! Leider agieren die Kinder nach diesem Motto z.Z. auch im Unterricht - was langweilig ist (also..eigentlich fast alles) wird erstmal abgelehnt. Mal gucken, was das noch wird bis zum Ende des Schuljahres, schließlich stehen jetzt erstmal noch ne Menge Tests und Klausuren an.

Ach ja, noch ein besonderes Schmankerl: Auf die Frage vom Direktor, warum er nicht beim Wandertag gewesen sei, antwortete Carol: "Ich hab meiner Mutter gesagt, dass das Planetarium in Biesdorf ist, da hat sie gesagt, dass ich soweit nicht fahren muss." Das Planetarium ist im Prenzlauer Berg. In der Prenzlauer Allee. Ohne Worte!

Dienstag, 10. Mai 2011

Wandertag

Trotz dem ich krank geschrieben bin, war ich eben kurz beim Planetarium, wo sich meine Klasse heute zum Wandertag trifft. Die Schüler finden das Programm natürlich "voll Baby!!". Klar, Planetarium ist halt super uncool. Und: "Die andern gehn' alle Strandbad und Pankow und so, und wir gehn hier, voll langweilig." Doch obwohl sich die 7.klässler manchmal schon wie 20 fühlen, war es für sie doch eine fast unüberwindbare Hürde, den Weg in die Prenzlauer Allee zu finden. Denn dafür mussten sie die S-Bahn mal in die andere Richtung nehmen und sogar noch umsteigen (ja, 2 Schülerinnen saßen auch in der falschen Ringbahn, sind aber zum Glück gleich an der nächsten Station ausgestiegen und haben mich verzweifelt angrufen). Nachdem bei der Besprechung des Wandertages ganz viele Schüler ankündigten, nicht zu kommen, denn der Weg sei ja viiiiiieeeeel zu weit, und das würden sie nicht finden, da würden sie sich ja auf jeden Fall verlaufen, und warum kommen Sie uns eigentlich nicht abholen, Frau Schmidt (hallo?? Bin ich deren Kindermädchen oder was??), habe ich den Schülern einen Stadt- und S-Bahnfahrplan ausgedruckt. Damit habens dann auch fast alle geschafft.


Ich habe ihnen eine kurze Rede gehalten - von wegen, wenn sie sich nicht benehmen würden, würde ich beim nächsten Wandertag wirklich wandern gehen mit ihnen und so - und habe sie dann mit der anderen Lehrerin reingeschickt. Ach ja, und ich habe ihnen gesagt, dass sie ihre Taschen und Jacken am Empfang abgeben müssten ("Ne!", "Hä, ich geb doch meine Tasche nicht ab!", "Ganz bestimmt nicht.")


Hoffentlich blamieren die sich jetzt nicht. Aber selbst wenn - keiner würde das mit mir in Verbindung bringen.

Montag, 9. Mai 2011

Liebe 7. Klasse: BITTE nehmt den Unterricht ernst!!!

Ich bin sauer! Und zwar richtig sauer!!! Auf meine 7. In der letzten Woche wurde das für die Schüler wirklich schwierige Thema „summary“ eingeführt. Heute sollte die Klasse nun das erste Mal selber ran und eine Zusammenfassung schreiben – Aufstöhnen, Protest, Verweigerung, Rumgeschreie. Alles nichts Neues, die Schüler meckern IMMER, wenn mal wieder eine neue Aufgabe auf sie zukommt. Aber dieses Mal war der Protest nachhaltiger und die Anzahl der Verweigerer („Ich kann das nicht! Also mache ich das auch nicht.“; „Neeee, das ist viel zu schwer!“;“Man Frau Schmidt, das geht nicht.“; „Ist mir egal, ob das in der Klassenarbeit auch rankommt, dann schreib ich eben ne 6.“) war viel zu hoch. Alles Zureden meinerseits („Ihr habt genügend Zeit zum Üben, wir gehen hier ganz kleinschrittig vor, nutzt die Handouts, die ihr bekommen habt, haltet die Reihenfolge ein, versteht erst den Text, bevor ihr losschreibt, bitte bitte fangt nicht sofort an zu schreiben sondern denkt erst mal nach, schreibt nicht den Text ab, sondern benutzt eigene Worte – UND HALTET VERDAMMT NOCHMAL DIE KLAPPE; WENN ICH MIT EUCH REDE!!!“) stießen natürlich auf taube Ohren, sodass ich dann ohne weitere Erklärungen (überflüssig, wenn eh keiner zuhört) die Aufgabe gegeben habe, einen Text zusammen zu fassen. Und dann gleich nach der Schule einen Elternbrief geschrieben, in denen ich diese dazu auffordere, doch mal mit ihren lieben Kleinen zu reden, von wegen: Verweigerung des Unterrichtsstoffes ist ziemlich blöd, weil ja darüber eine Klassenarbeit geschrieben wird und so….vielleicht erreiche ich wenigstens die Eltern. Und wenn nicht, dann können sie sich nachher wenigstens nicht beschweren, wenn der Schnitt der Arbeit nicht besser als 4,5 ist.

Zwei gute Erlebnisse hatte ich aber heute auch noch:
1. Ein 9.klässler, den ich im Sport unterrichte, fragte mich heute sehr stolz: „Können Martin und ich einen Ball bekommen?“ und sah mich erwartungsvoll an. Ich habe sofort geschaltet und ihm zu diesem Satzbau gratuliert, denn seit ich ihn unterrichte, spricht er genauso von „Ich und Martin….“, wie ich ihn verbessere („Martin und ich heißt das!“). Yes, ein pädagogischer Erfolg!!! Hat nur 10 Wochen gedauert, bis er das drauf hatte!


2. Eine 8.klässlerin, die mich durch ihr disziplinloses Benehmen im Unterricht (quatschen, zu spät kommen, trinken..) echt nervt, stand heute vor dem Lehrerzimmer und hat sich bei mir entschuldigt!!! Ja, wirklich!!! Wahrscheinlich hat sie ihr Klassenlehrer unter Androhung irgendeiner Höchststrafe dazu gezwungen, aber trotzdem: Danke, Marcella! Hoffentlich merke ich im Unterricht, dass sie es wenigstens auch ein bisschen ernst meint mit der Entschuldigung.

1. Station: Eine Realschule in Berlin Nord

Die Realschule liegt im Nordwesten in Berlin. Eigentlich nicht in einem Problemkiez, aber Einzugsgebiet ist auch das Märkische Viertel (MV), eine Trabantenstadt mit 50.000 Einwohnern in ca. 17.000 Bewohnern. MV hat keinen besonders guten Ruf (sozialer Brennpunkt und so), was die Kids von dort nicht daran hindert, patriotisch wie der Deutsche beim Weltmeisterschaftsfinale gegen Argentinien.



Und in dieser Schule arbeite ich seit Januar als Vertretungslehrer. Mit 13 Stunden bin ich eingestiegen, mittlerweile arbeite ich 26 Stunden – und krieche nach der Schule förmlich nach Hause und an den Schreibtisch, wo ich dann weiter arbeite. Mit meiner Kombo Sport/Englisch habe ich ja noch Glück – Englisch/Deutsch zu unterrichten klingt nach so viel Arbeit, dass ich es mir lieber gar nicht erst vorstelle.



Also, die Schule. Wie ist die Schule? Nunja, es gibt gerade viele Bauarbeiten, das Lehrerzimmer gleicht eher einem Altersheim, und die Schüler…naja. Am Anfang war ich geschockt über so viel Disziplin- und Respektlosigkeit. Aber inzwischen – zum Glück gewöhnt sich der Mensch an vieles.

Gestern war wieder so ein Tag: Freitags bin ich nur für 3 Stunden an der Schule (I like): Erst zweimal Sport mit den Mädels aus den 10., dann einmal Englisch in der 8.
Vorgestern hatte ich mit den drei anderen Sportlehrern (ja, der Fachbereich Sport ist unterbesetzt; ja, wir haben Schwierigkeiten, allen Klassen die ihnen zustehenden 3 Sportstunden in der Woche zu gewährleisten; nein, wir können nicht getrennt geschlechtlich unterrichten und ja, wir finden das doof und die Schüler erst recht) der Schule beschlossen, die Schüler in der großen Halle spielen zu lassen und in der kleinen Halle Hochsprung durchzuführen. Beim Aufbau der Hochsprunganlage sollten mir die sportbefreiten Schüler helfen, die unmotiviert wie immer in die Halle geschlurft kamen und sich sofort auf die Bank setzten. Und natürlich erst mal gaaaaaaar nicht reagierten, als ich sie dazu aufforderte, eine Weichbodenmatte zu holen. Auch beim zweiten und dritten Mal taten sie, als sei ich gar nicht vorhanden. Weil es mir eh nicht gut ging (Angina, wie sich später herausstellte), hatte ich auf Konfrontation ausnahmsweise mal keinen Bock und ließ die Jungs einfach sitzen. Zum Glück kam mein Sportlehrerkollege, der die Schüler sogar beim Namen kannte (ich hab ja normalerweise nur die Mädels), und half mir. „Aber das mach‘ ich nur für Sie, für Frau Schmidt würd ich das nie machen!“…..jaaaaa Markus, wie oft haben wir das schon gehört?! (Ich hab mich nämlich tatsächlich mal dazu erdreistet, ihn nach dem Sportunterricht zum Aufräumen der Halle aufzufordern und bin mit ihm, als er sich standhaft weigerte, zum Direx gegangen, wo er dann ordentlich Ärger bekommen hat).

Englisch lief super. Weil der stellvertretende Schulleiter mit drin saß, sonst geht mir die Klasse über Tische und Stühle.

Hab ich schon erwähnt, dass ich das Lehrer-Dasein unglaublich toll finde, und dass ich mir keinen besseren Job vorstellen kann?!