Der Lehrer



"Wahrscheinlich gibt es nicht viele Berufe, an die die Gesellschaft so widersprüchliche Anforderungen stellt:

Gerecht soll er sein, doch taktvoll auf jedes Kind eingehen, Begabungen wecken, pädagogische Erziehungsdefizite der Elternhäuser ausgleichen, Sucht-Prophylaxe und Aids-Aufklärung betreiben, auf jeden Fall den Lehrplan einhalten, wobei hochbegabte Schüler und Schülerinnen gleichermaßen zu berücksichtigen sind wie begriffsstutzige. Mit einem Wort:

Der Lehrer hat die Aufgabe, eine Wandergruppe mit Spitzensportlern und Behinderten bei Nebel durch unwegsames Gelände in nord-südlicher Richtung zu führen, und zwar so, dass alle bei bester Laune und möglichst gleichzeitig an drei verschiedenen Orten ankommen."


(Prof. Müller-Limmroht, "Züricher Weltwoche", 02.06.1988)




Montag, 5. September 2011

Bye Bye

Oh oh oh Frau Schmidt - sträflichst habe ich den Blog vernachlässigt. Das liegt einfach daran, dass ich nun nicht mehr aus der Schule komme und voll bin von verrückten Geschichten, die ich unbedingt ganz schnell loswerden muss. Nein, jetzt arbeite ich ja am Gymnasium, wo die Schüler einfach klasse sind. Vor allem meine 7., mit der kann man echt so richtig Unterricht machen. Also so, wie man sich das in der Theorie vorstellt: Es klingelt, und 32 Augenpaare richten sich auf mich, 32 Münder schließen und 64 Ohren öffnen sich. Mh, das ist wirklich super-duper, und das Unterrichten ist einfach klasse. Aber verrückt/lustig/interessant/total-crazy oder so...nein.

Deswegen ist es wohl das beste, wenn ich diesen Blog ruhen lasse. Solange, bis wieder etwas geschieht, über das sich zu schreiben lohnt. Das kann in zwei Monaten passieren oder in zwei Jahren. Ich habe keine Ahnung. Sollte es wieder etwas geben, werde ich die werte Leserschaft natürlich informieren. Bis dahin: Tschüß ihr Lieben. Wir lesen uns!

Dienstag, 16. August 2011

Aboooo, was das?

Der erste Schülerkontakt heute bei der Hofaufsicht. Zwei kleine, sehr sehr niedliche Fünftklässler kommen schüchtern auf mich zu und einer spricht mich mutig mit seiner piepsigen Kinderstimme an: "Ist das hier die Essenspause?" - "Ähm, ja, also wenn du Essen mithast, kannst du es jetzt essen." - "Also gibt es keine Frühstückspause im Klassenraum?" - "Äh, nein. (Gibts die? Ich weiß nicht, aber ich kanns mir nicht vorstellen.)" Die beiden Jungen sehen sich an: "Komm, wir gehen dahinten hin, da können wir sitzen und essen." Süß!!

Kurz darauf Getuschel in meinem Rücken. Drei oder vier große Schüler - ungefähr 9. Klasse sehen mich an. Einer traut sich: "Sind Sie Frau Jung?" - "Nein." - "Oh, 'tschuldigung."


Und dann der Sportunterricht. Ich war begeistert von den Schülern! Alle waren da, alle hatten ihr Sportsachen dabei, alle haben erst zugehört und dann mitgemacht. Alle!! Okay, die Lehrer und alle anderen Referendare haben mir schon von den Schülern vorgeschwärmt, aber ich kann nun alles bestätigen. Und dann, als sich nach dem Unterricht alle umgezogen hatten und nach Hause gingen, verabschiedete sich jeder Schüler einzeln und wünschte mir - jetzt kommts - einen "schönen Tag noch".

Auch die Mädels vom Gymnastik/Tanz Zwölfer Kurs sind wirklich lieb. Mir wurde nur etwas anders, als ich gefragt habe, wer denn welche Tanzerfahrung hat: "Ich tanze seit 15 Jahren Ballett." - "Ich bin jetzt seit 9 Jahren im Ensemble im Friedrichsstadtpalast. Nebenbei gebe ich HipHop Stunden." - "Ich mache Latein-Amerikanischen Tanz. Also Turniere und so." - "Ich mach Jazz, Ballett und ein bißchen HipHop." Okay, also ich persönlích habe ja gar keine Tanzerfahrung, bis auf das bißchen Kurs an der Uni. Also werden wir viiiieeeel Freiarbeit und Kreativität fördern, dann können mir die Mädels zeigen, was sie drauf haben.




Fazit des ersten Schultages nach den Sommerferien: Der erste Eindruck ist super, ich hoffe, dass die Schüler weiterhin so lieb bleiben und dass sich auch das Kollegium als nett herausstellt (bis jetzt kenne ich noch lange nicht alle Lehrer). Leider darf ich erst Freitag wieder hin, morgen und übermorgen habe ich Seminare.

Sonntag, 14. August 2011

Neues Schuljahr, neues Glück

Vorbei vorbei. Dass 6 Wochen Sommerferien so kurz sein können, hätte ich nicht gedacht. Kann aber auch daran liegen, dass ich nur 5 hatte - denn als fleißige Referendarin (laut Frau Freitag "Opferlehrerin") habe ich schon seit einer Woche Seminare. 1000 neue Informationen, und am Freitag war ich dann auch noch in meiner neuen Schule, wo ich noch eine Million Infos mehr bekommen habe. Und ein MacBook Pro. Zum arbeiten. Für umsonst. Das Gymnasium, in dem ich die nächsten 2 Jahre unterrichten werde, arbeitet nämlich nicht mehr mit Kreide (viel zu staubig) oder Whiteboard (zu altmodisch), sondern mit hypermodernen SmartBoards. Und die sind alle auf Apple ausgerichtet. Werden die neuen Schüler in die 5. (Schnellläufer) oder 7. Klasse eingeschult, bekommen sie alle ebenfalls ein MacBook Pro (nicht von der Schule, von den Eltern). Und weil wir Lehrer ja damit auch nicht umgehen können, bekommen wir extra eine Stunde in der Woche eine Fortbildung. Suuuper - dadurch muss ich am Dienstag zur ersten Stunde hin, habe dann ab der 2. gaaaanz viel frei und dann in der 7., 8., 9. und 10. Stunde Unterricht.


Aber in die Schule habe ich mich schon verliebt. Die Schüler, die ich auf dem Gang getroffen habe, waren total freundlich - ich wurde sogar gegrüßt. Von Schülern, nicht von Lehrern! Lauter neue Erfahrungen...


Da kann ich auch verkraften, dass ich einen Gymnastik/Tanz Kurs erwischt habe, in dem die Mädels wahrscheinlich alle viiiieeeel besser sind als ich. Augen zu und durch - da wird dann eben viel kreativ gearbeitet. Steht ja auch im Rahmenlehrplan. Ham wa dann schonma abgehakt


Tja, jetzt beginnt also das Leben als Referendar. Mit wenig Unterricht, viel Seminaren und noch mehr Prüfungen. Schade, ich hätte eigentlich lieber ganz viel Unterricht, ein paar Seminare und null Prüfungen. Morgen also der erste Unterricht, Vorbereitungen sind abgeschlossen. Mal schauen, was kommt...

Freitag, 8. Juli 2011

Sommerferien

Was mache ich nun also in meinen Sommerferien? Es sind jetzt zweieinhalb Wochen um, und ich muss sagen: nichts. Oder: so gut wie nichts. Schlafen. Atmen. Rumliegen. Lesen. Fernsehen. Und mich erholen.

Langsam, ganz langsam beschleicht mich das Gefühl, dass ich mich etwas erhole. Dass ich aus diesem Schulstrudel wieder aufsteige. Ja, ich denke, in vier Wochen, wenn alles wieder von vorne losgeht, könnte ich fit genug sein, um wieder mich wieder mit voller Kraft in den Schulalltag zu stürzen. Aber bis dahin ruhe ich mich vor allem aus.

Mittwoch, 29. Juni 2011

Bye bye!

So, der letzte Tag vor den Sommerferien ist geschafft! Die beiden Stunden Sport am Dienstag verliefen mehr oder weniger reibungslos (abgesehen von der Tatsache, dass die allermeisten Schüler gar kein Sportzeug dabei hatten - "Häääää, Sport? Was Sport! Ich dachte, wir ham Zeugnisausgabe!" - aber dass hatte ich eingeplant und die Schluderer mit Müllsäcken losgeschickt, um den Sportplatz zu aufzuräumen).
In der dritten Stunde sollten die Klassenlehrer die Zeugnisse ausgeben, also hatte ich nach den ersten beiden Schluss und frei. Schlüsselabgabe, Hand schütteln, Verabschiedung, und weg. In dieser Schule werde ich nicht mehr unterrichten, und ich bin erst einmal froh darüber. Denn die Schüler waren wirklich sehr anstrengend. Das Schlimmste war das Diskutieren über jede noch so kleine Kleinigkeit. Und die Respektlosigkeit, die die Schüler teilweise an den Tag legen - ich habe Hoffnungen, dass zumindest dieses Auftreten im Gymnasium nicht mehr so verbreitet vorkommt.
Dennoch möchte ich die Erfahrungen, die ich an dieser Schule gesammelt habe, nicht missen. Mit meiner vollen Stelle konnte ich von jetzt auf gleich voll in den Schulalltag eintauchen und jeden Tag dazu lernen. Ich habe das Gefühl, im Januar in einen Tornado eingetaucht zu sein und erst jetzt, nach 5 Tagen Sommerferien und viel Abstand zur Schule so ganz langsam daraus wieder aufzutauchen. Die Zeit an der Schule war unglaublich intensiv und anstrengend, aber ich habe wertvolle Dinge gelernt, die mir bei meinem Referendariat sicher helfen werden. Denn das geht jetzt bald los. Im Gymnasium. Hoffentlich sind die Kids dort ein WENIG netter.

Jetzt erstmal: F E R I E N ! ! !

Montag, 27. Juni 2011

Klassenfrühstück

Weil wir vorgestern die letzten beiden Englischstunden hatten, habe ich beschlossen, mit meiner 7. gemeinsam zu frühstücken. Die meisten hatten sich auf die Liste eingetragen und wollten alle Zutaten für ein Frühstück mitbringen. Nach längeren Diskussionen konnte ich sie sogar dazu bewegen, einen großen statt fünf kleine Gruppentische zu bauen, und das Frühstück begann ganz gemütlich. Es gab zwar einige Beschwerden, weil das versprochene Nutelle nicht da war, aber insgesamt ging es - abgesehen von dem üblichen Rumgebrülle der Jungs - ganz entspannt zu. Bis ca. 10 Minuten vor Ende der ersten Stunde, als die Schüler satt waren und die Jungen begannen, sich eine Weintraubenschlacht zu liefern, mit Plastikflaschen Fußball zu spielen und sich zu verprügeln. Die meisten Aktionen konnte ich ziemlich schnell unterbinden, aber der Klassenzimmerfußboden war hinterher trotzdem voller zertretener Weintrauben. Und das T-Shirt von Charly (weiß!) hatte einen schönen großen Weintraubenfleck. Sie beschwerte sich natürlich lauthals und verlangte sofort die 12 Euro zurück, die das T-Shirt gekostet hatte. Gilian weigerte sich, das Geld rauszurücken, Charly ging drohend auf ihn zu, Gilian machte sich kampfbereit....und ich ging im letzten Moment dazwischen. Und dann das Theater, dass es gab, als alle Tische wieder ordentlich zurück gestellt werden sollten. Gilian fand, dass man durchaus einen ganzen Kuchen wegschmeißen konnte, was den sofortigen Protest einiger Mädels nach sich zog ("Ey Frau Schmidt, der Spast hat einen ganzen Kuchen weggeschmissen. Die armen Kinder in Afrika!"). Never again! (zumindest nicht mit dieser 7....).

Sonntag, 26. Juni 2011

Filmauswertung

Am Mittwoch habe ich mit meiner Achten den englischen Film "Bend it like Beckham" vorbereitet. Darin geht es u.a. um Themen des Erwachsenwerdens. Die Schüler sollen diskutieren, was sie machen würden, wenn sie und ihr bester Freund in dassselbe Mädchen verliebt sind. Phillip meldet sich: "Ich würde meinen Freund auslachen.". "Ich würde ihn töten!", ruft Marvin dazwischen.

Am Freitag hatte ich die letzte Stunde mit den Schülern, der Film ist beendet, die letzten fünf Minuten besprechen wir noch schnell, was ihnen beim Film gefallen hat und was nicht. Fast alle mochten den Film, aber Sören "didn't like it". "Warum nicht?" - "Ich mochte nicht, dass das Mädchen [die Hauptdarstellerin] indisch war." - "Aha. Was hätte dir denn besser gefallen?" - "A German girl. With big tits."