Der Lehrer



"Wahrscheinlich gibt es nicht viele Berufe, an die die Gesellschaft so widersprüchliche Anforderungen stellt:

Gerecht soll er sein, doch taktvoll auf jedes Kind eingehen, Begabungen wecken, pädagogische Erziehungsdefizite der Elternhäuser ausgleichen, Sucht-Prophylaxe und Aids-Aufklärung betreiben, auf jeden Fall den Lehrplan einhalten, wobei hochbegabte Schüler und Schülerinnen gleichermaßen zu berücksichtigen sind wie begriffsstutzige. Mit einem Wort:

Der Lehrer hat die Aufgabe, eine Wandergruppe mit Spitzensportlern und Behinderten bei Nebel durch unwegsames Gelände in nord-südlicher Richtung zu führen, und zwar so, dass alle bei bester Laune und möglichst gleichzeitig an drei verschiedenen Orten ankommen."


(Prof. Müller-Limmroht, "Züricher Weltwoche", 02.06.1988)




Mittwoch, 8. Juni 2011

Ein Gewitter, ein Gewitter. Und Regen!

Nachdem es die letzten Tage todeswarm war, war es heute überschwül. Zum Glück schwitzt unser Direktor auch schnell, denn auch heute gab es wieder Kurzstunden. In der 8. habe ich erstmal die Klausur ausgeteilt, die ganz gut ausgefallen ist. Die meisten haben sich gefreut, die meisten sind nicht sitzen geblieben, da mussten Klausuren verglichen werden, Fragen gestellt, um Punkte gefeilscht, gejubelt und geheult werden. Nach ungefähr 10 Minuten habe ich die allermeisten Fragen klären und die allermeisten Schüler dazu überreden können, sich wieder zu setzen. Eigentlich war jetzt Textarbeit angesagt. Aber NEIN, ein unglaubliches, unerwartetes, noch nie gesehendes, verrücktes Ereignis spielte sich draußen ab: Es regnete. Überdoll. Todesdoll! "Frau Schmidt, es regnet!", wies mich Cenk netterweise auf das Wetter hin, als ich versuchte, das durch Wind und Regen aufgesprungene Fenster zu schließen und schon ordentlich Wasser abgekriegt hatte. "Wussten Sie das?", schob Kim hinterher. Aber es kam sogar noch schlimmer. Ich hatte gerade fast alle fast ganz ruhig bekommen, als Hüssein aufgeregt und erschrocken aufschrie: "Donner! Ein Gewitter!!" - ich hatte noch gar nichts gehört. Aber die anderen waren total verschreckt! "Waaaas, ein Gewitter? Ohaaa, gefährlich.". "Frau Schmidt, ham wir Blitzableiter anner Schule?". "Ey Frau Schmidt, könnn wir rausgehn?". "Ahh, schonwieder ein Donner" (jetzt hatte ich tatsächlich ein leises Grollen gehört). "Frau Schmidt, es regnet. Wussten Sie das?". "Is Gewitter gefährlich?". "Voll cool das Gewitter." - "Bist du dumm?! Gewitter is voll gefährlich." - "Ne. Ist überschön." - "Halt mal die Fresse jetzt. Frau Schmidt, Gewitter is doch gefährlich, ne?!" ... Zum Glück hatten wir nur 30 Minuten, da konnte ich der Diskussion relativ schnell entfliehen. Zwischendurch habe ich versucht, den Text vorlesen zu lassen. Versucht. Dabei blieb es.

Schön auch die 7. Stunde: Die 9klässler sind schulmüde, von 30 Schülern waren 15 da. Okay, 8 haben auch eine Klausur nachgeschrieben, die anderen haben aber geschwänzt. Trotzdem wollte ich die Schüler die längst überfälligen 1000m laufen lassen. Mutig sind wir raus auf den Sportplatz - und waren erstmal kurz ratlos: Die Laufbahn stand komplett unter Wasser. Also habe ich den Jungen erlaubt (war eh nur ein Mädchen da), Fußball zu spielen. Gerade, als sie mitten auf dem Platz standen, ging das Gewitter wieder los - erschreckend nah dieses Mal. Trotz der Proteste der Schüler, die ausgerechnet jetzt unbedingt draußen bleiben wollten (wollen sie sonst NIE) scheuchte ich alle wieder zurück in die Halle. Die Stunde war dann auch schon fast um. Zum Glück kann man Jungs mit einem Fußball immer glücklich machen!

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